Das Grenke Chess Open 2024

Marco Rolf berichtet von einem der größten Turnieren der Schachgeschichte.

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Vom 28.03.2024 bis 01.04.2024 fand das Grenke Open statt. Das wohl weltgrößte Open der Welt! Mit über 2700 Teilnehmern, mit über 40 GMS und allen deutschen Nationalspielern auch gleich ziemlich stark. Das Turnier wurde ins A -, B- und C-Open aufgeteilt. Parallel liefen die Grenke Classics mit den „großen Jungs“. Magnus Carlsen, Vincent Keymer, Weltmeister Ding Liren, Richard Rapport, MVL und Daniel Fridman, der das A-Open in der letzten Auflage gewann (2019). Mein bescheidenes Ziel war unter die ersten 600 zu kommen, denn die Startrangliste lautete 678. Nachdem ich über 600km weg hinter mir hatte, kam es gleich zu einer Begegnung aus dem bekannten fast schon Nachbarverein Marmstorf FM Christoph Kuberczyk. Durch paar Ungenauigkeiten in der Eröffnung von mir kam sein Angriff viel effektiver ins Rollen und er zerpflückte mich schon früh im Mittelspiel.

In der Verluststellung versuchte ich noch den letzten Trick 23…Lxa3 (droht nach 24.bxa3 Springerabzug mit Damengewinn), doch 24.Dh2 fxg6 25.Lc4+ beendete die Partie zu seinen Gunsten.

In der nächsten Runde kam es zur Begegnung FM Giso Jahncke, auch ein bekanntes Gesicht aus Hamburg. Erst paar Wochen vorher kam es zu dieser Begegnung mit vertauschten Farben. Den Bericht von David über dieses Spiel findet ihr unter: (Fischbek vs. St.Pauli II – Schachgruppe Süderelbe im TV Fischbek e.V. (schachgruppesuederelbe.de))

Diesmal war ich auf Rache aus. Giso strebte auch von Anfang eine scharfe Stellung an. So gab er mir das Zentrum bekam dafür 2 sehr gefährliche Freibauer.

Die Stellung hielt sich bis hierhin im Ausgleich, doch hier griff mein Gegner fehl und holte sich mit g1 kurz eine Dame. Nach Txg1 Txh2 d6! Steht weiß besser. Es folgte d6 Sxd6? Txd6! mit verheerenden Folgen. 

Am genausten wäre wohl mit Lxa7+ zu starten. Doch ich spielte Txa6 bxa6 (Dc5 wäre wohl am unkompliziertesten). Doch ich spielte jetzt Lxa7 und nach Kb7 zeigt die Engine Remis an. Die Zeit wurde knapp und nach paar Zügen mündete die Partie in einem Endspiel mit Turm, Springer und 2 Bauern gegen Turm und 4 Bauern. Ein weiteren Bauern von schwarz viel, doch leider konnte ich die Partie nicht zu einem Sieg verwerten, sodass diese Remis endete.

Dritte Runde, dritter Titelträger. Diesmal ging es gegen Autor und IM Herman Grooten. Nachdem ich gegen Isaac Garner beim 4er Pokal eine ähnliche Eröffnung aufs Brett bekam und diese nochmal studiert habe, fand ich mich in der Eröffnung sehr gut zurecht und profitierte von einem Patzer meines Gegners in der Eröffnung.

Nach dem gespielten Sd2? steht Schwarz mit Sb4 durch die Springer Gabel auf c2 und auch den ungünstig stehenden schwarzfeldrigen Läufer auf f4 sehr angenehm.

Der IM kämpfte sich im Endspiel zurück, machte dann aber dann den entscheidenden letzten Fehler:

Lf3? Tb3! und das beste was weiß erreichen könnte, wäre ein Damenendspiel mit Bauer weniger.

Vierte Runde vierter Titelträger.

Der FM wurde nach der Eröffnung etwas gierig und schnappte sich meine Qualität.

Sxa1? Dxf5 Sb3? Sg5! g6 Dh3 h5

Lxh5! Kg7 Le5+ Kh6

Lxg6+ Kg6 Dh7+ und der Gegner gab auf. (Le2 (anstatt Lxg6) nebst f4 Matt hätte es auch getan)

In der nächsten Partie ging es ans Livebrett 164 (Das zweite Mal in meinem Leben nach 2012 in Vlissingen, bei dem ich in 13 Zügen mit weiß gegen einen IM verlor). In der Eröffnung machte ich einen positionellen Fehler und verlor später im Endspiel die Partie gegen den ersten Titellosen Spieler aus Italien. In der nächsten Partie gab es wieder einen Titelträger, im Mittelspiel fand ich mich besser zurecht und wickelte in ein gutes Turmendspiel ab. Ein IM sagte mir nach der Partie, sowas darf man nicht mal gegen Carlsen verlieren. Ich schaffte dies aber! In der nächsten Partie spielte ich gegen den ersten Spieler unter 2200. Im Abtauschfranzosen versuchte dieser Druck mit weiß auszuüben. In Zeitnot verschärfte sich die Stellung und als ich das erste Mal auf Gewinn stand, nahm ich die Chance nicht wahr und die Partie mündete in einer Zugwiederholung. Die vorletzte Partie hatte es in sich. Gegen eine junge WFM aus Israel, die bisher kein gutes Turnier spielte und auch einen genervten Eindruck am Brett machte. In der Eröffnung opferte ich supergroßmeisterlich einen Bauern und spielte paar Züge perfekt und entwickelte eine starke Initiative.

10.d5! (Neuerung unter den GMs 😉) Lxc3 11. Lxc3 Sh4 12.Dc7 cxd5 13.Lxd5 e4! und langsam wird klar, dass weiß immense Kompensation für den Bauern hat.

Leider als es galt, den positionellen Vorteil in Material umzuwandeln, scheiterte ich.

Hier schlug schwarz gerade auf e4. Mit Sxd6 hätte man erstes Material einfahren können. Manchmal ist der am einfachsten aussehende Zug auch der beste. Ich entscheid mich für das fancy aussehende Txe4 Txe4 Dg5 g6 Lxe4 Txe4 Sh6+ Kg7 (hier könnte man auch Züge wiederholen). Doch nach Txd6 Te6 Txe6 fxe6 steht weiß zwar etwas besser, durch den Druck über den schwarzen Feldern, aber hat immer noch den Bauern weniger. Im Endspiel kollabierte ich. Über die letzte Partie (Runde 9) möchte ich nur noch die Eröffnung kurz zeigen.

Weiß entwickelte seinen Läufer nach g5 Se4, er spielte Ad hoc Lh4 und ich sofort Sd2. Der Zug kam für ihn als Schock. Natürlich ist die Stellung noch im Ausgleich.

Es entstand später ein super interessantes Endspiel. Läuferpaar gegen Turm und Bauern. Über die Partie legen wir aber ansonsten einen Mantel des Schweigens, da jeder zweite Zug mit einem Fragezeichen zu bewerten ist, in dem das letzte Fragezeichen mir galt, sodass ich nach 60 Zügen gegen meinen jungen Gegner unter 2000 Elo die Segel streichen musste. Das C Open gewann ein 10-Jähriger, der nach eigenen Angaben erst seit 2 Jahren Schach spielt! Das A Open gewann durch den Sieg in der letzten Runde kein anderer als Hans Moke Niemann. Nachdem er überraschend auf der Bühne gefragt wurde noch ein paar Worte zum Turnier zu verlieren, kam nur: „The Chess has spoken for itself“

Nächstes Jahr darf also Niemann bei den Classics mitspielen. Mal schauen, ob Carlsen und Niemann wirklich nächstes Jahr im selben Turnier spielen. Da gab es ja so eine kleine Vorgeschichte. Persönlich kann ich nur jedem dieses Turnier empfehlen, eventuell einen Tag schon zuvor Urlaub zu nehmen, um mit viel Energie zu starten, denn es ist ein hartes Pflaster mit Extraklasse!

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