I don´t believe in psychology. I believe in good moves.

(Diogenes IV – Fbk II 5,5 : 2,5)

Beginnen wir einmal mit einem Zitat von Bobby Fischer und nachstehend möchte ich beleuchten, warum beide Bedingungen so gar nicht auf die Fischbeker Mannschaft zutreffen. So, nun also zu einem ehrlichen Bericht:

Caissa hatte uns nicht verlassen. Nach dem Geschenk von HSK IX, welche sich quasi weigerten, gegen uns zu spielen und mit 8 Ersatzspielern antraten (https://schachgruppesuederelbe.de/2024/06/01/tv-fischbek-ii-vs-hsk-ix-62/), verlor Diogenes gegen Marmstorf.

Somit rutschten wir auf den ersten Nichtabstiegsplatz und hatten den Klassenerhalt fest vor Augen, denn es sollte noch gegen die relativ schwachen Mannschaften von Diogenes und Schachelschweine gehen. Es lag also in unserer Hand, nun die Dinge glattzuziehen und diese verdammten Berichte über Abstieg, Nicht-Abstieg, Klassenerhalt oder Nicht-Klassenerhalt zu eliminieren.

Es ist verwunderlich, dass ich so viele Jahre nicht bei Diogenes gespielt habe. Dieses kleine urige Spiellokal (Bücherregale wirken so schön pittoresk und diese alten, dunklen Holzvertäfelungen – das hat schon etwas.) ist klassisch schön und ich fühle mich dort einfach wohl. Allerdings entsprechen die Lichtverhältnisse auch den alten Zeiten, es ist schlicht zu dunkel für das Starren auf Holzfiguren.

You must take your opponent into a deep forest where 2+2=5, and the path leading out is only wide enough for one.
(Mikhail Tal)

Die Mannschaftsaufstellung von Diogenes überraschte. Vorne fehlten drei Stammspieler und ich dachte, dass die Mannschaft sich bereits aufgegeben hatte und sich mit dem Abstieg abgefunden hatte. Da hatten sie aber nicht mit den Fischbekern Spieler gerechnet, die diesem Denken entschieden entgegentraten.

One doesn´t have to play well, it´s enough to play better than your opponent.
(Siegbert Tarrasch)

Rein von den Wertungszahlen lagen wir deutlich vorne, wobei das hier relativ zu sehen war, da die meisten Diogenes-Spieler recht jung waren. Dies mag letztlich doch die meisten Fischbeker Spieler beeinflusst haben, denn so richtig motiviert und fokussiert sah das nicht aus. Auch vermied man oft, einfach den natürlich besten Zug zu spielen.

Philip Reichhardt hatte objektiv einen schlechten Tag. Ich vermute, dass ihm die Stellungsstruktur nicht vertraut war. Irgendwann konnte der Gegner unzählige Bauern gewinnen. Die Figuren von Philip – also irgendwie spielten die gar nicht zusammen und mussten zusehen, nicht einfach verloren zu gehen. In Gewinnstellung patzte der Gegner und Philip ließ eine schöne Kombi vom Stapel, die den Schönheitspreis gewonnen hätte, wenn der Gegner nicht eine Gegenkombination austütete. Ich vermute, Philip hat sich geärgert (ich hätte), denn seine Kombination hat der Gegner mit Sicherheit nicht gesehen (Sie war zu verhindern gewesen.) und die Gegenkombination wurde erst gesehen, als der Gegner keinen anderen Zug mehr hatte (jeder andere Zug verliert).

In der Nacht dürfte Jannis Niemann von Lg4 geträumt haben und schreiend aufgewacht sein. Ja, so ein Läufer auf g4 geht auch einfach einmal verloren, wenn er nur sinnlos herumsteht. Jannis musste einen Bauern geben, um den Läufer zu retten. Der Gegner spielte dann auch nicht übermäßig genau und die Partie endete, so wie viele andere Partien von Jannis in dieser Saison: In horrender Zeitnot ganz schnell verlieren (Wobei die Stellung objektiv verloren, aber noch spielbar war.).

Andreas Wanke hatte diesen Luxus nicht. Er musste ein unhaltbares Endspiel noch zu Ende spielen, was nun auch kein Spaß ist. Wie es dazu gekommen ist: Ignorieren des dynamischen Potentials von Sizilianisch, suboptimales Zusammenwirken der Figuren, Aufgabe des Läuferpaares gegen Nichts und einfach Unterschätzen des Gegners.

Gleiches gilt für die Spielanlage von Hubert Kopyto. Er spielte nicht das von seinem Coach dringend empfohlene (und trainierte) Eröffnungssystem, auch nicht sein geliebtes Caro-Kann, sondern Französisch. Gerade in der Französischen Verteidigung muss der Schwarzspieler jedoch genau wissen, was er tun muss (und was nicht). Das wusste Hubert offenkundig nicht, denn der Weißspieler von Diogenes konnte diverse bekannte Motive ansetzen, so dass Hubert bereits nach der Rochade auf Verlust stand. Carina Brandt wäre als „I-like-to-play-against-French“-Spielerin begeistert gewesen. Die umstehenden Fischbeker waren es nicht.

Im weiteren Verlauf spielte der Diogenes-Spieler ungenau und Hubert witterte Morgenluft, um dann wiederum den Angriff von Dame und zwei Türmen gegen seine König mit offener Königsstellung zu ignorieren. Ja, eine zweite Dame für Hubert wäre toll gewesen, aber sofortiges Mattsetzen durch den Gegner wiegt höher.

Die Spielanlage von Dirk Thomzik war gleichfalls psychologisch ungeschickt. Mit einem stark gekünstelten Aufbau gegen Französisch hat er bislang miese Erfahrungen, also spielt er es dann halt noch einmal, gemäß dem Motto:

I used to attack because it was the only thing I knew. Now I attack because I know it works best.
(Gary Kasparow)

Aus dieser Partie kann man folgende Regeln für ein Lehrbuch zum Thema Königsangriff ableiten:

1) Ich brauche kein Zentrum für einen Königsangriff.
2) Eine Läuferdiagonale reicht für einen erfolgreichen Mattangriff.
3) Die Gegnerin spielt zu meinem Gunsten. Ich brauche nur einfach Matt drohen. Irgendwann sieht sie es halt nicht und ich gewinne.
4) Ich brauche meine Bauern nicht, um die gegnerische Königsstellung zu schwächen. Es reicht, wenn ich meine eigene Bauernstruktur schwäche.
5) Türme brauchen keine offene Linien.

Alleine aus Berufsgründen hat Matthias Luckhardt zwei Vorteile, er spielt logisch und folgerichtig. Und er hat die Ruhe, seinen Plänen zu folgen, die Ideen des Gegners zu berücksichtigen und er künstelt nicht taktisch herum. Die Partie dauert lange, aber alles stimmte. Ein sauberer positioneller Sieg – was will man mehr?

Die allerlängste Partie spielte Ceren Sural. Sie kniete sich voll hinein und wollte gewinnen. Ihr Gegner an Brett acht spielte jedoch merklich stärker als seine Wertungszahl und so wurde sich wirklich nichts geschenkt. Selbst als das Läuferendspiel eher leicht besser für den Gegner wurde, bemühte sich Ceren um den vollen Punkt. Ein bemerkenswerter Fokus auf das Spiel und ein halber Punkt für die Mannschaft.

So blieb eine ernüchternde, peinliche und klägliche Niederlage in der vorletzten Runde in der Bezirksliga. Es entscheidet sich nun in der letzten Runde. Es gilt jedoch: Ein Klassenerhalt wäre unverdient und ungerechtfertigt oder anders:

Ein Abstieg in die Kreisliga wäre ehrlich.

Sitting target
Sitting waiting
Anticipating
Nothing
Nothing

Life
Is full of surprises
It advertises
Nothing
Nothing

Always
Knows the prospects
Learnt to expect
Nothing
Nothing
(Nothing – Depeche Mode)

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