Hoch hinaus am Ostseestrand – DSAM in Travemünde

Der Berichterstattung über das Turnier in Travemünde müsste ich eigentlich eine Reihe von derben, nicht jugendfreien Flüchen voranstellen. Ich hatte bereits einen Artikel zur Hälfte fertig, als der Text im Nirwana verschwand. Keine Ahnung, was dem Buchstabenfraß konkret vorausging. Fakt ist aber – es ist alles weg. Es besteht zugegebenermaßen ein begründeter Verdacht, dass meine Inkompetenz im Umgang mit Computern hier eine wesentliche Rolle gespielt haben dürfte. Aber haken wir die Selbstgeißelung ab und kommen zum Turniergeschehen.

Das Fischbeker Quartett, bestehend aus Dirk Thomzik, Leon Burd, Jürgen Kohlstädt und mich, knüpfte sicherlich unterschiedliche Erwartungen an das Turnier. Jürgens Rolle war klar. Er fungierte als Hauptschiedsrichter und konnte sich – zumindest aus meiner Wahrnehmung – über einen reibungslosen Turnierverlauf freuen. Für Leon war es überhaupt das allererste „Erwachsenen-Turnier“. Dafür hatte er das größte Sekundantenteam im Schlepptau – Papa Cyril , Mama Rima und Bruder Leroy. Da konnte selbst Dirk nicht mithalten, der „nur“ von seiner Frau Constanze und seinem Sohn Julian begleitet wurde. Leider konnten die drei nicht im Maritim übernachten, da sich Dirk zu spät für das Turnier anmeldete; das vom DSB reservierte Zimmerkontingent war zu diesem Zeitpunkt bereits verbraucht. Ich reiste dagegen solo an, freute mich aber ungemein auf das markante Maritim in Travemünde. Seitdem der DSAM-Zirkus nicht mehr in Kassel, und dort speziell im H4-Hotel (früher: Ramada-Hotel), Station macht, fehlt es an einem vergleichbaren Hotel-Solitär. Das durchaus nicht kleine Hilton-Hotel in Düsseldorf vermag diese Lücke wegen der umliegenden anderen Hochhäuser optisch nicht zu füllen. und ich hatte Glück: Mein Zimmer befand sich hoch hinaus im 10. Stock mit herrlichem Ausblick auf die Trave, den Priwall und die „Passat“. Traumhaft! Ich hätte mich stundenlang auf den Balkon setzen und den ein- und auslaufenden Skandinavien-Fähren zuschauen können. Warum war ich eigentlich hier? Ach ja, ich wollte auch noch ein wenig Schach spielen.

Runde 1

Der Turnierauftakt war aus Fischbeker Sicht so, sagen wir mal, semi. In seiner allerersten Turnierpartie konnte sich Leon, der noch keine eigene Wertungszahl besitzt, gegen einen Spieler mit einer Elo von 1500 (DWZ: 1095) durchsetzen. Ein perfekter Einstieg!
Anders bei Dirk. Er kommentierte seine Auftaktpartie im Chat mit der lapidaren Feststellung:“ Schach ist scheiße“.
Dieser Bewertung mochte ich mich nicht anschließen, obwohl ein Sch… bereits auf den Lippen lag. Mein Gegner, Stefan Tatliak vom Schachklub Billstedt-Horn, bot mir nach 13 Zügen bereits ein Remis an, welches ich, mafiafilm-like, „nicht ablehnen konnte“.

Runde 2

Wenn Runde 1 nur semi war, war Runde 2 auch nicht besser. Bildlich gesprochen tauschten wir untereinander nur die Ergebnisse aus. Mein Remis aus der ersten Runde bekam Dirk, während Dirk seine Null an Leon weiterreichte. Dafür bekam ich jetzt den vollen Punkt von Leon.

Runde 3

Fischbek auf Diät. Leon und ich begnügten uns mit ergebnistechnischem Magerquark (Halbfettstufe), während Dirk weiterhin auf Null-Diät setzte.

Runde 4

Zum Abend hin wird geschlemmt. In der Nachmittagsrunde verspeisten Leon und ich unsere jeweiligen Gegner und schlossen den zweiten Turniertag mit einem positiven Score ab. Weiterhin Null-Diät bei Dirk.

Runde 5

„Hinten wird die Ente fett“ wird sich Dirk gedacht haben, als er im Stile eines Hasardeurs den vollen Punkt einsacken konnte. Ja, wir sind hier in Travemünde. Eine Stadt mit Casino-Vergangenheit. Da darf dann ruhig einmal gezockt werden.
Während Dirk zum Schluss des Turniers durchaus Zocker-Qualitäten zeigen konnte, blieben mir vergleichbare Qualitäten verwehrt. In dem Bestreben, eine völlig ausgeglichene Stellung in ein positionell fragwürdiges Fahrwasser zu überführen, übersah ich Elementares. Ja, hier hätte rechnen geholfen, aber ich habe mich glatt verzockt. Nach 20. Tc7 hieß es vollkommen zu recht: Rien ne va plus.
Dagegen hat Leon ganz cool auch seine letzte Partie gegen Marina Bertram
gewonnen. Das Ehepaar Bertram ist Stammgast bei der DSAM und verfügt über eine große Turnierroutine. Davon hat sich Leon nicht beeindrucken lassen und das Turnier so beendet, wie er es begonnen hat: Mit einem Sieg.

Fazit

Aus sportlicher Sicht war das Turnier ein echter Erfolg für Leon. Er holte 3,5 aus 5 und landete am Ende auf Platz 16 (von 76). Genau die gleiche Platzierung konnte ich (bei 75 Teilnehmern) auch erreichen, aber die verlorene Partie in der Schlussrunde wurmte mich doch sehr. Zudem war das Ergebnis mit 3 aus 5 so….semi.
Und Dirk? Dirk ist – wie wir alle wissen – ein prima Schachspieler. Und er ist in einer Formkrise. 1,5 aus 5 und Platz 77 (von 86) bilden sein spielerisches Niveau bei weitem nicht ab. Nun gut, es war halt ein „Schwamm-drüber-Turnier“. Ein Turnier zum Vergessen. Vergessen? Nein, nicht vergessen will ich, dass Dirk von den Organisatoren des Events für seine 25. Teilnahme einen silbernen Springer als Auszeichnung erhielt. Wenigstens ein Highlight.

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