Landesliga | Diogenes II – Fischbek 1,5:6,5

Um es mit den Worten der zeitgenössischen deutschen „Poeten“ Mia Julia, Lorenz Büffel und Malle Anja zu sagen : „Der Zug, der Zug, der Zug hat keine Bremse!“

Dass mir jetzt gerade dieser Song in den Sinn kam, kann nur an meiner immer noch anhaltenden Euphorie liegen.

Aber Fakt ist – die Lokomotive des TV Fischbek marschiert weiter durch die Landesliga und ist bislang nicht zu stoppen.

Auch heute erwischten wir bei der zweiten Mannschaft von Diogenes einen Sahnetag ! Die Gastgeber sind in der Vorsaison in die Landesliga aufgestiegen und haben eine durchweg spielstarke und homogene Mannschaft. Lediglich ihr Brett 2 musste heute bei Diogenes I aushelfen, ansonsten traten sie in Bestbesetzung an und wollten uns einheizen ! Das Letzte taten Sie wortwörtlich. Hatte ich vor Fahrtantritt noch kratzen müssen, fühlte ich mich zum Spielbeginn eher an die heiße mallorcinische Mittagssonne aus dem Urlaub erinnert.

Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis sich aus meiner Eröffnung so langsam eine der gewohnt chaotischen und taktisch geprägten Mittelspielstrukturen entwickelte. Mein Gegner setzte zu einer längeren Denkpause an und ich verschaffte mir ein Bild.

Ich schaute als Erstes bei Carina vorbei. Sie kam sichtlich angeschlagen zum Mannschaftskampf und unterhielt sich im Auto zwecks akuter Heiserkeit per whatsApp-Nachrichten mit dem Rest.

Ihr Gegner sah darin eine günstige Gelegenheit und spielte forsch nach vorne. Mit Hilfe eines Bauernopfers kam er Carinas König doch sehr nahe, doch außer einer forcierten Remisschaukel sprang nichts Zählbares für ihn heraus. Ergo holte Carina mit Schwarz ein recht schnelles Remis, was unter den Umständen mehr als respektabel ist. Chapeau, Carina, dass Du dich so in den Dienst der Mannschaft stellst !

Nebenan hatte Jakob mit Weiß lang rochiert und trieb bereits eine bedrohliche Bauernwalze am Königsflügel nach vorne. Außer einem Bauernpaar war noch kein Material getauscht und sein Gegenüber musste sich für eine der beiden Rochaden entscheiden. Offensichtlich fiel ihm die Entscheidung nicht leicht, die Zeit wurde bereits ziemlich knapp.

Auch an den anderen Brettern fiel auf, dass wir in Punkto Zeit weit vorne lagen. Davids, Alexanders und auch mein Gegner hatten schon deutlich länger überlegt als wir.

Interessant wurde es dann an Brett 1, wo Christoph mit Weiß eine kluge Abtausch-Staffette startete. Am Ende der Kette gewann er einen Bauern, verpasste seinem Gegner noch einen Doppelbauern und verblieb mit 2 Türmen, Springer und 6 Bauern gegen 2 Türme, Läufer und 5 Bauern.

Obendrein war die Grundreihe des Gegenübers geschwächt. Ohne viel Gedöns wurde die besetzt und nach drei weiteren guten Zügen war Christoph drauf und dran, das gegnerische Kartenhaus einzustürzen. Nur die Aufgabe kam ihm noch zuvor. Punkt für den TVF.

Alexander bekam in der Eröffnung mit Schwarz die Möglichkeit, einen Bauern einzuheimsen. Nach der Partie diskutierten wir über die Frage, ob das nun ein Gambit war oder eher ein Versehen. Zwar konnte sich Weiß schneller entwickeln, aber eine wirklicher Vorteil zeichnete sich nicht ab. In beginnender Zeitnotphase begann ein Schlagabtausch in Brettmitte mit einigen Höhen und Tiefen. Letzten Endes war es der „Gambitbauer“, der auf dem Weg zur Umwandlung für den vollen Punkt von Alexander sorgte !

Kurz nach eins. Meine Stellung hatte sich seit 12 Uhr noch nicht wesentlich verändert, aber mein Kontrahent hatte mit der Zeitnot zu kämpfen. Genau wie Jakob, dessen Gegner sogar noch größere Zeitnot hatte, spielte ich jetzt bewusst Varianten, die möglichst kompliziert zu rechnen waren und wenig Möglichkeiten bot, Figuren zu tauschen.

Das zeigte Wirkung. Mit Sekunden auf der Uhr unterlief meinem Gegner ein Fehler, der sofort eine Figur verlor oder Matt zur Folge hätte. Er nahm es mit Humor und erlaubte mir sogar, das Matt am Brett auszuführen. Eine Geste, die nicht oft gemacht wird, aber ich nahm dankend an.

Nach der Abgabe der unterschriebenen Formulare beim Schiedsrichter nutze ich die Chance, die Sauna zu verlassen und die freudigen Ereignisse in der Vereins-Chatgruppe zu verkünden. „3,5:0,5“ schrieb ich. Als ich den Brutkasten wieder betreten wollte, wurde mir der Sieg von Jakob übermittelt. Sein Kontrahent hatte seit einiger Zeit einen riskanten Bauernvorstoß im Sinn, der die Stellung öffnen und Jakobs König schwächen sollte. Aufgrund der Zeitnot konnte er nicht alle Varianten durchrechnen und riskierte es dennoch. Jakob hatte aber die richtigen Antworten parat, konnte den Angriff abwehren und machte den Mannschaftssieg perfekt !

Auch Nikolas war jetzt fertig mit seiner Partie. Auffällig waren in dieser Partie die gegenseitig aufgestellten Batterien, um im richtigen Moment den König des Anderen Matt zu setzen. Die Frage war nur, wer hat jetzt das bessere Matt ? Zu unseren Ungunsten war es Weiß, der ein schönes Opfer bringen konnte, wodurch der König von Nikolas den weißen Schwerfiguren nicht mehr ausweichen konnte.

Am Brett 5 dann die nächste Entscheidung des Tages. Marco spielte eine schöne positionelle Partie, die viele klassische Elemente der alten Meister wie Kortschnoi oder Karpov enthielt. Minoritätsangriff, hängenden Bauern erzwingen, offene Linien besetzen, Zentrum klären, Bauern erobern, am anderen Flügel angreifen, Material gewinnen.

Am Ende fand Marco eine hübsche Abwicklung, um den gegnerischen König am Rand in ein Mattnetz zu verwickeln. Hier gab Schwarz allerdings einen Zug vor dem Matt auf.

Last, but not least – David. Mit Weiß ging er ähnlich klassisch und routiniert vor wie sein Papa oder eben Marco. Im Mittelspiel konnte er sich am Damenflügel eine Bauernmehrheit von 2:1 erspielen. Im Gegenzug hatte Schwarz einen Bauern am Königsflügel mehr, allerdings war das ein Doppelbauer. In jedem Bauernendspiel könnte sich David also einen entfernten Freibauer bilden, der die Partie für ihn entscheiden würde. Und tatsächlich ergab sich die Möglichkeit, mit einer geschickten Aktion alle verbliebenen Schwerfiguren auf einmal abzutauschen und in ein Bauernendspiel einzulenken. Auf mögliche Durchbrüche achten, nochmal abzählen, ja, passt. 1:0 und damit das 6,5:1,5 für den TVF.

Die Chance auf einen Aufenthalt an der Station Oberliga ist auch durch die übrigen Ergebnisse des Spieltags sehr real geworden. In der nächsten Runde warten wir zu Hause auf den Tabellenzweiten HSK V und wer weiß, vielleicht gelingt da schon eine Vorentscheidung…

Der TVF, der TVF, der TVF hat keine Bremse… 🙂

Jürgen de Voogt, stolzer Mannschaftsführer und Fahrer des Gewinnerautos bei Auswärtsfahrten

Ein Kommentar

  1. Ein – wie immer – sehr lesenswerter Bericht, Jürgen. Du setzt damit wirklich Maßstäbe.

    Aaaaaber….. Was um Himmels willen finden wir da verlinkt??? Eine Perle deutschen Liedguts? Uaarrrgh… Den Blutsturz in meinen Gehörgängen habe ich bis eben nicht stillen können. Mich schaudert`s, wenn ich mir vorstelle, was auf deiner Playlist noch so alles zu finden sein könnte. „Zehn nackte Friseusen“? „Layla“? oder gar das gruselige „Heidschi bumbeidschi“ eines früheren holländischen Kinderstars? Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen.

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