Es waren hektische Zeiten, nachdem wir als Nachrücker zur Norddeutschen Blitz-Mannschaftsmeisterschaft durften. Es mussten private Termine verschoben werden, Kinder untergebracht, Urlaub umdisponiert werden, Zugkarten gebucht, Hotelzimmer reserviert, Autofahrten organisiert werden, um ganz am Ende doch noch einmal neu anzufangen. Was war passiert?
Nachdem wir uns auf eine Anreise am Vortag geeinigt hatten und dafür das beste Hotel in Wittenberge ausgewählt hatten, erreichte mich zwei Tage vor Abreise die bittere Nachricht, dass Philip aufgrund einer schweren Erkrankung nicht spielen würde können. Das war ein erheblicher Tiefschlag für die Mannschaft und die Ersatzsuche war hochgradig schwierig, da viele Menschen privat so stark eingebunden sind und auch nicht die Hilfe anderer Personen für die Delegation von Dingen in Anspruch nehmen können, dass ich Absagen nach Absagen kassierte und die Teilnahme ernsthaft in Frage gestellt wurde.
Dank an Jannis Niemann, der sich unbürokratisch sofort und ohne wenn und aber zur Verfügung stellte und auch vor vielen Nullen keine Angst hatte.
Somit konnten wir am Samstagnachmittag losfahren und nach einer überschaubaren Autobahnfahrt ging es zuletzt durch die mecklenburgische Tiefebene bis wir unser Hotel erreichten. Dies leider bereits in der Abenddunkelheit, so dass wir die Gesamtanlage (Das Hotel ist in einer ehemaligen Ölmühle untergebracht und die Werkgebäude haben einen ganz eigenen nostalgischen Charme.) noch nicht begutachten konnten.
Das Hotel selber war brandneu eröffnet, nur die Einrichtung wurde klassisch auf alt getrimmt. Neben den sehr dunklen Holzmöbeln fand man schwarzes Schieferstein-Interieur im Badezimmer vor – sehr edel.
Allerdings erreichte uns bei der Ankunft die nächste außerplanmäßige Störung. Das Hotelrestaurant war aufgrund einer geschlossenen Gesellschaft für uns nicht zugänglich (Übrigens, auch auf 60-Jahre-Geburtstagsfeiern in Wittenberge werden finstere deutsche Schlager gespielt und kräftig mitgesungen.). Das Hotelpersonal (alle klassisch in schwarz gekleidet mit roten Seidenkrawatten, diese allerdings nur auf halbe Länge gebunden, was aus meiner Sicht bei Männern echt nicht gut aussieht) fand sofort eine Lösung, buchte auf eigene Kosten ein Taxi für uns, welches uns zum nächsten Restaurant fuhr und wieder zurück. So verbrachten wir den Abend im Fährhaus Wittenberge, auch hier gibt es unsere gemeinsame Empfehlung und Christoph und ich tauschten schlimmste Schulzeiterinnerungen aus, während Jakob und Jannis viel zu jung sind, um sich zu solchen Themen äußern zu können. Oder anders: Heute sind Lehrer viel viel netter und respektvoller zu den Schülern als damals.
Bemerkenswert ist, dass nur ich Fisch und Gemüse zu mir nahm. Grundsätzlich hatte Fleisch in der Fischbeker Mannschaft das Sagen.
Nach der Rückkehr verbrachten wir noch einige Zeit mit Schachanalysen in der „Bibliothek“ und zogen uns dann zum Schlafen zurück.
Das Frühstück in dem Hotel war sehr gut und wir hatten unseren Spaß. Besonderes Augenmerk erhielten die Herzchenwaffeln und das Thema Liebe und Beziehung, aber der Autor möchte nicht zu weit gehen.
Den Spielort, das Kultur- und Festspielhaus der Stadt Wittenberge, fanden wir und auch die diversen Schachspieler. Leider stellte sich für uns eine gewisse Ernüchterung ein, als wir feststellten, dass diverse andere Mannschaften augenscheinlich nicht die ganz hohe Priorität für dieses Turnier hatten, denn diverse qualifizierte und bekannte Hamburger Mannschaften waren nicht dabei und auch die angestrebte Maximalteilnehmerzahl von 30 wurde nicht erreicht. So waren nur 27 Mannschaften am Start und wir spielten gleich in der ersten Runde gegen einen Hamburger Verein, der von uns erst einmal eine Klatsche bekam.
Ich selber hatte teilweise nur bedingt den Eindruck, dass ich Schach spielte, denn mehr war ich mit der organisatorischen Durchführung des Turniers beschäftigt. So hatte ich drei Listen zu führen. Eine interne Liste für mich und diesen Bericht und zwei Ergebnismeldelisten für die Turnierleitung. Das ging so: Nach Beendigung der Runde vermerkte ich Gegner und Einzelergebnisse und gab diese bei der Turnierleitung ab. Dann holte ich mir die zweite Liste von einem Tisch, aktualisierte diese und spielte die nächste Partie. Dann trug ich auch dort das neue aktuelle Ergebnis ein, gab die Liste ab und holte mir die andere vom Tisch wieder. Und das jede Runde um Runde.
Offen gesagt, das nervt schon sehr und lenkte mich unbotmäßig vom eigentlichen Spielen ab. Das nächste Mal nehme ich einen fünften Mann mit, der sich solchen Kram antut und mich freihält. Ich denke, dass gerade Staatsbedienstete bei der Freien und Hansestadt Hamburg dafür hervorragend geeignet sind.
Das Turnier verlief im Rahmen der Erwartungen, wobei wir in der Qualifikation oft mit 2,5 gewannen, hier jedoch häufig mit 1,5 verloren.
Unser Ziel, nicht den letzten Platz zu belegen, konnten wir erreichen. Es wurde der 23. Platz von 27. Mannschaften.
Am Ende war es ein wirklich nettes Erlebnis gewesen, bei diesem Turnier teilgenommen zu haben und natürlich eine Ehre, einmal bei einer norddeutschen Meisterschaft dabei gewesen zu sein.
Die Einzelergebnisse:
Christoph Serrer 12,5 Punkte (Sonneborn/Berger = 122,50)
Jakob Kneip 5,5 Punkte (Sonneborn/Berger = 49,00)
Denis Schermer 10,5 Punkte (Sonneborn/Berger = 99,25)
Jannis Niemann 2,5 Punkte (Sonneborn/Berger = 13,25)
Denis Schermer
Ein wirklich respektables
Ein wirklich respektables Ergebnis, Jungs. Wo bekommt man es selbst an Brett 4 schon mit Großmeistern (GM Rainer Polzin) oder mit einem früheren Deutschen Einzelmeister (Dr. Manfred Glienke; 1982) zu tun? Weitere aufschlussreiche Details zum Turnier sowie (mitunter leider unscharfe) Fotos sind auf der Seite des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern zu finden. Gerne würde ich hier den Link unterbringen, aber irgendwie funktioniert`s nicht. Schade, also bitte selbst suchen!