Nachdem die Peinlichkeit, als einer der Aufstiegskandidaten bei einem Heimspiel mit zwei Kampflosen antreten zu müssen dank der Hilfe von Christoph Serrer (noch einmal herzlichen Dank!) gerade noch abgewendet werden konnte, war die Stimmung vor dem Mannschaftskampf gegen das nominell schwächere Team von SKJE 4 zunächst von Zuversicht geprägt.
Das änderte sich nach dem Beginn leider ziemlich rasch, da der Schreiber dieser Zeilen an Brett 7 mit Schwarz in der Eröffnung (mehrfach) danebengriff und seinen Gegner (mit rund 350 DWZ-Punkten weniger) zum Bauernsturm und einem gefährlichen, um nicht zu sagen fast zwangsläufig letalen Königsangriff förmlich einlud. Einen verzweifelten Befreiungsversuch durch Gabe einer Figur für zwei Bauern, verbunden mit der Hoffnung auf freundliche Unterstützung des Kontrahenten und damit aufkeimender Initiative gegen dessen lang rochierten König, wehrte dieser in aller Ruhe durch das Gegenangebot eine Qualität zu geben ab. Aber da dies das Ersticken jeglicher Aktivität bei unvermindert anhaltendem Angriff bedeutet hätte, lehnte ich dieses Danaergeschenk "dankend" ab. Meine Perspektiven waren trotzdem eher überschaubar.
Nikolas am Nebenbrett schien in eigentlich überlegener Stellung ebenfalls etwas übersehen zu haben, Philip hatte am dritten Brett in der Eröffnung auch nicht gerade glücklich agiert und ein paar Tempi liegen lassen, und so drohte "Und täglich grüßt das Murmeltier" in Form des frühen Begrabens aller Aufstiegshoffnungen durch eine Niederlage gegen einen vermeintlichen Underdog.
Zum Glück erwies sich die drohende Niederlage bei Nikolas als Hirngespinst — viel habe ich taktisch heute nicht gesehen … –, aber bei mir war es weiterhin das sprichwörtliche Spiel auf ein Tor. Nach einer Stunde hing ich zwar in den Seilen, aber noch war meine Partie nicht beendet, ganz im Gegensatz zu denen von Christoph (Brett 2) und Jakob (Brett 4, leider verhindert), so dass es nach einer Stunde durch zwei kampflose Partien 1:1 stand.
Nikolas hatte derweil sein Übergewicht in eine Mehrfigur verwandelt und gewann bald darauf sicher: 2:1. Philip hatte sodann die angesichts seines Entwicklungsrückstands und des unkoordinierten Herumalberns seiner Figuren nicht ganz so prickelnde Idee gehabt, die Stellung zu öffnen, und stand mit dem Rücken zur Wand. Gleiches konnte man nach wie vor von mir behaupten.
Denis befand sich an Brett 1 mit Schwarz etwas in der Defensive, bei Thomas an Brett 5 war noch keine klare Tendenz zu erkennen, während Andreas an Brett 6 der etwas optimistischen Eröffnungsanlage nebst tölpelhaftem Opfer-"Angriff" seines Gegners Paroli zu bieten schien. Es sah daher insgesamt eher durchwachsen aus, und wenn die unklaren Partien schlecht liefen (so wie all die Jahre zuvor in vergleichbaren Situationen), dann würden wir hier Federn lassen müssen.
In dieser verzwickten Lage begann sich dann bei meinem Gegner nach einer bis dato sehr gut geführten Partie doch ein wenig die nominelle Spielstärke "durchzusetzen", und so hatte sich meine Stellung von "auf den Todesstoß wartend" durch ein paar nicht ganz so strenge Züge des Weißen in "mit Schummelchancen" gewandelt. Plötzlich schien Weiß gar kalte Füße bekommen zu haben und bot implizit durch eine mögliche Stellungswiederholung Remis an, so dass ich mein Augenmerk eine Zeitlang auf die anderen Partien lenkte, um abschätzen zu können, ob dieser halbe Punkte für den Gesamtsieg reichen könnte, oder ob ich doch Risiko gehen und die Stellungswiederholung vermeiden musste.
Andreas stand nun klar auf Gewinn, Thomas hatte zwar einen Bauern mehr, aber einen im Tiefschlaf befindlichen Springer am Rand und die Initiative weniger, und um Denis musste man sich nach staubtrockenem Spiel des Gegners doch ein wenig Sorgen machen. Würde Vladimir dem Druck standhalten können? Philip hatte gar mir nachgeeifert und plötzlich Stellung und Material in Form von zwei Leichtfiguren gegen die Dame sowie Freibauern des Gegners weniger.
So langsam musste ich mich entscheiden, und ich zog den Spatz in der Hand der Taube auf dem Dach vor: 2,5:1,5. Zu Recht, wie sich nachher herausstellte. Zwar hätte ich noch versuchen können, meinen Gegner zu überrumpeln, aber bei korrektem Spiel hätte dieser Versuch auch gut nach hinten losgehen können. Müßig zu erwähnen, dass ich diese trotzdem bedenkenswerte und ziemlich naheliegende Chance, den Gegner vor wahrlich nicht so einfach zu lösende Probleme zu stellen, erst nach der Partie von Philip zugeraunt bekam.
Bald danach bereute ich diesen Entschluss und sah mich die Woche bis zum Mannschaftskampf gegen HSK 10 mit der Narrenkappe herumlaufen müssen, denn zwar hatte Andreas gewonnen, aber Philips König hatte "komischerweise" einen Schwächeanfall erlitten und sich in die Horizontale begeben, während Denis nach wie vor eine harte Nuss zu knacken hatte und bei Thomas der Ausgang alles andere als klar schien. Trotz des 3,5:2,5 war der Sieg also noch in weiter Ferne.
Das Herz sackte mir endgültig in die Hose, als beide Türme von Thomas' Gegner (schon in Zeitnot) als Antwort auf dessen Turmzug auf die Grundreihe sich auf der siebten Reihe breit machten und akut drohten, den Minusbauern rasch materiell auszugleichen, bei anhaltendem Druck. Zum Glück grub Thomas aber einen feinen Zug aus und schob seinen Bauern auf f4, nahm so dem weißen König auf f2 die Fluchtfelder e3 und g3 und drohte nun seinerseits einzügig Matt! Da die weißen Türme zwar zur Mahlzeit bereit, aber hinter den schwarzen Bauern standen, während ein weißer Läufer auf der Grundreihe einsam und leise vor sich hin weinte, verbot es sich, auf der siebten Reihe die Bauern zu verspeisen, und Weiß musste eine Figur geben.
Thomas' Gegner wehrte sich noch ein paar Züge lang, um evtl. durch ein Wunder die Mannschaftsniederlage verhindern zu können. Überraschenderweise kam ihm aber Denis an Brett 1 in einem sehr gehaltvollen Turmendspiel zuvor (das nach Abschluss des Mannschaftskampfes noch lange mit Christoph analysiert und diskutiert wurde), weil die Fehlgriffe und verpassten Chancen vor allem auf Seiten des Weißen zu suchen waren und dieser schließlich in eine kleine, gemeine Falle von Denis lief, die es ihm ermöglichte, mit einem Schach den Turm seines Gegners abzulenken und den Freibauern in eine Dame umzuwandeln.
Kurz darauf stellte auch Thomas' Gegner seinen zwecklos gewordenen Widerstand ein, und so konnten wir nach einigen bangen Momenten mit einer gehörigen (und ungewohnten) Portion Glück noch einen vermeintlich klaren 5,5:2,5-Sieg feiern!
Herzlichen Dank an alle Mannschaftskollegen, dass Ihr Philip und mich (und Jakob) herausgepaukt habt ;-), und auch an unsere Gäste von SKJE 4 für einen harten, aber fairen und spannenden Mannschaftskampf!