Ramada-Cup Bad Soden – 3. und letzter Tag

Das Schlimmste ist zum Glück nicht eingetreten. Der abergläubische Denis ist nicht mit freiem Oberkörper zur Schlussrunde angetreten, sondern hat seinen Astralleib zünftig und ordnungsgemäß in das Fischbek-Trikot gehüllt. Warum ihn Caissa trotzdem mit einer Null bestraft hat, kann ich auch nicht sagen. In seinem Horoskop stand jedenfalls nichts davon. Mit 1,5 aus 5 lief das Turnier in sportlicher Hinsicht für Denis unterirdisch ab. Nach seinen Angaben hat er im laufenden Jahr von rund 50 Partien lediglich zwei verloren. Und jetzt gab`s gleich drei Nullen am Stück. Trotzdem darf er am Jahresende ein fettes (und hochverdientes) DWZ-Plus für sich verbuchen. 

Jakob wird sein Turnierergebnis nach der Schlussrundenniederlage sicher unterschiedlich bewerten. Auf der Habenseite steht mit Platz 5 in der Endabrechnung die Qualifikation für die Endrunde in Kassel im nächsten Jahr, mit 3,5 aus 5 das beste Ergebnis aller Fischbeker Starter und es ist ihm auch gelungen, einen Sachpreis in Form eines 75.- Euro-Einkaufgutscheins bei Chessbase statt eines Hotelgutscheins zu ergattern. Bei objektiver Betrachtung hat er jedoch Platz 1 oder 2 (ich habe noch nicht nachgerechnet) weggeworfen. Weil in Jakob immer noch der Figurenkünstler schlummert, reicht ihm mitunter ein profaner Sieg nicht aus. Nein, die Schlussstellung muss dabei auch höchsten ästhetischen Ansprüchen genügen. Leider drehte er eine Figurenpiruette vor dem zwingenden Matt zuviel und verdarb die Stellung zunächst zum Remis. Kurze Zeit später endete die Partie schließlich im Orkus, weil er – im Bestreben die Partie immer noch zu gewinnen – auch die Remisschaukel übersah oder ignorierte. Auch so eine Art Künstlerpech. Am meisten war Jakob aber über den verpassten Hinzugewinn entsprechender DWZ- und Elo-Punkten zerknirscht. 

Ob Nikolas mit dem Turnier zufrieden war, weiß ich ehrlich gesagt nicht so genau. Mit dem "Paket" war er es bestimmt, aber welchen Anteil darin der sportliche Erfolg einnimmt, muss er uns nochmal genau sagen. Ich glaube aber, er war zumindest mit seinen Partien ganz nicht unzufrieden, wenngleich er sicherlich auch bestrebt war, einen Qualifikationsplatz für Kassel zu erreichen. Eine Qualifikation war nach dem Remis in der Schlussrunde und bei 3 aus 5 jedoch nicht mehr drin.

Mein persönliches Fazit fällt geteilt aus. Sportlich gesehen war das Turnier, abgesehen von meiner ersten Partie, Asche. Insbesondere meine vierte Partie war eine Art Hommage an Didi Hallervorden: Der gespielte Witz, nur nicht halb so lustig. Auch die letzte Turnierpartie beinhaltete einen bunten Strauß an Irrungen, Wirrungen und am Ende viel Glück. Meine kämpferisch eingestellte Gegnerin geisterte, ebenso wie ich, ein wenig orientierungslos durch die französische Eröffnung. Eine für mich vorteilhafte Fortsetzung sah ich nicht. Eine weitere, vermeintlich vorteilhafte Fortsetzung, von der ich im Nachhinein zunächst überzeugt war, dass sie zwingend eine Figur gewinnen würde, entpuppte sich bei der häuslichen Analyse leider auch als Rohrkrepierer. Beim Übergang zum Mittelspiel verlor ich dann gänzlich den Faden, während meine Gegnerin stark aufspielte und mich – später auch durch Fritz testiert – komplett an die Wand spielte. Eigentlich befand ich mich da bereits in einem Zustand der Agonie und machte nur noch reflexartig Züge um der Zugpflicht zu genügen. Es grenzte an ein Wunder, dass ich mich mit zwei Minusbauern noch aus der tödlichen Umklammerung befreien konnte und aus dem Nichts einen nicht mehr zu parierenden Gegenangriff inszenieren konnte. Bemerkenswertes geschah dann unmittelbar nach der Partie. Zwar war meine Gegnerin über den Ausgang der Partie verständlicherweise enttäuscht. Aber anstatt rumzujammern und mit dem Schicksal zu hadern, wie dies 90 Prozent der Besiegten bei derartigen Partien zu tun pflegen und zu denen ich mich – beschämenderweise leider viel zu häufig – auch zählen muss, lud sie mich charmant zur Analyse ein, spendierte mir einen Kaffee und einen Schokoriegel, und plauderte munter über die Pläne, die sie während der Partie verfolgt hatte. Ja, meine lieben männlichen Schachkollegen, so kann es eben auch gehen. Man muss nicht jedes mal nach einer verlorenen Partie in Wut und Zorn, in Larmoyanz und Depressionen verfallen. Man kann Partien auch stilvoll und in Würde verlieren. Vielen Dank für die Lektion, liebe Esther Imelmann.

Ach ja, einen will ich auch nicht vergessen. Unser guter, alter Schachfreund Rüdiger Zart hat uns das ganze Turnier über begleitet – oder wir haben ihn begleitet, je nach Blickwinkel. Egal. Es war eine lustiges, angenehmes Zusammensein, zumal Rüdiger und ich uns bereits seit den Siebziger Jahren aus der gemeinsamen Zeit bei der Schach-AG am Gymnasium Neuwiedenthal (mit dem legendären Otto Merhof) kennen. Da werden halt immer wieder gerne Erinnerungen wachgehalten. Sicherlich auch wieder in geselliger Runde bei einem der nächsten Ramada-Turniere. Und Danke für das hier veröffentlichte Foto von uns Fischbekern.