An diesem Wahlsonntag fielen nicht nur Entscheidungen auf Bundesebene, sondern ebenfalls erste Ligaentscheidungen in der Hamburger Landesliga. TV Fischbek 1 spielte auswärts gegen die „Michael-Mannschaft“ HSK 5. Von den 4 verfügbaren Michaels wurden auch gleich 3 gegen uns eingesetzt.
Vor Beginn der Begegnung waren wir schon in Feierlaune, denn Geburtstagskind Jürgen hatte Kuchen mitgebracht! Kuchen!
Aber zu den Partien. An Brett 2 (keine Sorge, wir kommen noch zu Christoph) hatte Jürgen lange Zeit eine etwas gedrückte Stellung und musste sehr präzise spielen, sodass keine taktischen Einschläge auf f7 stattfanden. Nach einem Turmtausch seines Gegners hatte Jürgen jedoch Gelegenheit, in ein sehr symmetrisches Endspiel abzutauschen, in dem auch nicht mehr lange was probiert wurde und sttatdessen im 36. Zug Remis angenommen wurde.

Jürgen spielte das präzise …e3, und konnte so eine symmetrische Bauernstruktur ergattern. Alsbald tauschten sich auch zunächst die Türme, dann die weißfeldrigen Läufer, anschließend die Damen und schließlich die schwarzfeldrigen Läufer zum Remis.
In Jays Partie ging es dagegen schnell zur Sache. Wir hatten in der Vorbereitung festgestellt, dass Jays Gegner einfach immer Stonewall spielt — egal ob mit den weißen oder den schwarzen Steinen und auch ziemlich egal, was der Gegner spielt. So auch in dieser Partie, bei der Französischfreunde im Vorbeigehen stutzig werden.

Kurze Zeit später wurde es ein heißes Rennen um das Öffnen von Linien, Jay am Königsflügel und Vadim am Damenflügel. Für Rochaden waren sich beide Seiten zu schade. Schließlich stellte Jay eine Qualität ein…

Sgxe5 ist nun leider überraschenderweise ein Abzug auf den ungedeckten Turm auf h7. Jedoch! Nach 31.dxe5 Dxh7 32.Da1 wird es ebenso überraschenderweise auf einmal ziemlich luftig um den schwarzen König.
Zehn Züge später stand dann das Matt und ein voller Punkt auf dem Brett. Zitat Jay nach der Partie: „Das war die beste Qualität, die ich je eingestellt habe.“
An Brett 4 hatte Carina eine weniger hektische Partie. Hier war das Gimmick, dass in der Partie dreimal Ld8 gezogen wurde, um einen Bauern auf a5 anzugreifen, dieser aber erst im 40. Zug tatsächlich geschlagen werden konnte.

Carina hat hier fröhlich alle Türme auf die a-Linie gestapelt, die jetzt leider nur auf den gedeckten Bauen auf a5 gucken. Daher wurde nun das Manöver 22…Lf6 De8 Ld8 angegangen.
Nach langem Lavieren (der Läufer musste zweimal einen Bauern auf g5 schlagen, ehe er den a5 einsacken durfte) konnte jedoch alle Aktivität von Weiß am Königsflügel abgewehrt werden und Carina verblieb mit zwei gesunden Mehrbauern und dem viel besseren Springer gegen Läufer, was sich Michael auch nicht mehr zeigen ließ.
Alexander kam an Brett 5 mit Mehrbauer und Königsangriff aus der Eröffnung, jedoch gelang es ihm nicht, die gegnerische Königsstellung aufzubrechen. Bei zu vielen taktischen Komplikationen wurde leider zunächst der Mehrbauer verloren und mehr noch: Alexanders Gegner konnte selbst viel Druck gegen den Punkt f2 und die weiße Grundreihe ausüben, bis die weiße Stellung auseinanderbrach.

12.Dg3 gewann mittels Doppelangriff den Zentrumsbauern auf e5. Jedoch wie gewonnen…

… so zerronnen. Der Läufer auf h6 hängt und der Bauer auf e4 wegen der Fesselung des Läufers durch die d-Linie. Oh je. Was schwer zu sehen ist: Man kann beides retten mit einem taktischen Trick! Nach 18.Le3 Sxe4 19.Df3 Sd6 würde Weiß eine Qualität gewinnen mit 20.La7 Tc8 21.Lb7, was aufgrund der Fesselung des Springers durch die d-Linie in die andere Richtung geht! Alexander zog stattdessen 18.Lf4, wonach Schwarz nach …Sxe4 19.Df3 Sd6 seine Stellung in Ruhe konsolidieren konnte.
An Brett 6 geschahen bei Thomas übliche unübliche Dinge. In einer Skandinavisch-Stellung mit entgegengesetzten Rochaden machten zunächst beide Seiten nur wenig Fortschritt mit dem gegenseitigen Königsangriff. Die ersten getauschten Figuren waren die Damen. Danach jedoch stürmten die Bauern von Thomas Gegner so schnell voran, bis sie den schwarzen König umringt hatten. Nach einem unglücklichen Tausch zerfielen die schwarzen Bauern im Endspiel leider schnell.

Weiß hat Thomas hier freundlicherweise gerade das Feld d5 für den Spinger gegeben, was Thomas, auch ausnutzte. Nach 22.c6 Td6 wirkten die weißen Bauern um den König herum zwar lange etwas fragil, aber es wurden sehr schnell viele Leichtfiguren getauscht, sodass die weißen Türme und der übrig bleibende Läufer freie Bahn hatten.
Bei David an Brett 7 entstand aus einem Alapin-Sizilianer eine Art Abtauschfranzösisch. In dem Versuch, einer Remisschaukel zu entgehen, stellte David seine Dame ein, aber glücklicherweise sah das sein Gegner auch nicht.

Schwarz am Zug gewinnt.
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23…Sef3+ führt einen Abzug auf die Dame aus. Davids Gegner war aber eher an dem Bauern interessiert. Es kam 23…Dxe3 24.Txe3 Sxg4.
Glücklicherweise fand David kurze Zeit später mit dem Minusbauern selbst eine Remisschaukel, die auch ganz hübsch anzusehen ist:

Der Springer auf g4 war vom weißen Turm an den ungedeckten Springer auf g5 gefesselt gewesen und vom Bauern f3 angegriffen. Dieser Bauer wiederum war durch den schwarzen Turm an den weißen Turm gefesselt. David beendete die Partie mit 28.Sfxe6 fxe6 29.Sc2 Td3 30.Sb4 Te3 31.Sc2 Td3 32.Sb4.
An Brett 8 schießlich fand sich Denis in einer unscheinbaren, aber wahnsinnig scharfen Stellung wieder.

Eigentlich wirkt die Stellung ganz nett, der schwarze Springer hat nette Felder und der schwarze Turm guckt ein wenig auf den immobilisierten Bauern auf c2. Unter der Oberfläche findet Stockfish die Stellung für Schwarz jedoch schon fürchterlich. Der König kann nicht kurz rochieren, weil man am Königsflügel überrannt wird, in der Mitte kann man aber auch nicht bleiben, da gehen zu schnell Linien auf. Es folgten 13…Sa5 14.De2 a6 15.b4 und langsam werden die Probleme doch sichtbar.
Weiß fing bald an, die f-Linie zu öffnen. Denis fragte seinen König „Should I stay or should I go?“ und entschied sich für weder Rochade, noch Verbleib in der Mitte, sondern versuchte die Situation mit 18…Kf8 zu entschärfen, was jedoch nicht gelang. Jamshid sammelte vor dem Damentausch zwei Bauern ein, die am Ende das Turmendspiel entschieden.
Bis zum Schluss aufbewahrt haben wir uns noch die Spitzenpaarung an Brett 1, Christoph Serrer – David Geffrey Meier, denn diese Partie lief deutlich am längsten (länger sogar als alle Partien aus der parallel spielenden Oberliga, wo der HSK den SK Norderstedt zu Gast hatte). Beim Stand 3:4 knetete Christoph das Endspiel noch, während im Analysesaal bereits unterhaltsame Videos angesehen wurden. Und wie geknetet wurde!

Der letzte Bauernzug hiervor war 38.h6 gewesen und danach wurde das Nudelholz ausgepackt. Christoph hat beinahe 30 Züge lang versucht, mit dem eigenen König in die schwarze Stellung einzudringen und irgendwie Fortschritt zu machen. Schwarz konnte alle Versuche bis hier abwehren, musste dabei aber stets Zeit und Konzentration investieren. Nun spielte Christoph 65.e4!, was sich zum Bauern auf h7 durcharbeitet.
Endstand: ein wahnsinnig knappes 4:4! Mit 6 Mannschaftspunkten können wir in der Ligatabelle nun endlich aufatmen. Wenn nicht noch irgendwo fürchterlich was schiefgeht, dürfen der SK Barmbek, Union Eimsbüttel und der HSK 5 den Abstiegskampf unter sich ausmachen und wir können ohne Druck in den letzten drei Spielen antreten. Hurra!
…
Ach, und apropos „fürchterlich was schiefgehen“…

Anstatt den schwarzen Bauern auf h7 zu nehmen, versuchte, Christoph hier, direkt durchzubrechen mit der Idee 73…Lxg6 74.Lxg6 hxg6 75.h7. Schwarz spielte hier glücklicherweise direkt 73…Kf6 und gab nach 74.gxh7 auf. Aber. Nach 73…Lxg6 74.Lxg6 Kf6! kommt der schwarze König leider schnell genug an den weißen h-Bauern heran (mit 75.Lxh7 Kg5)… Das hätte gar enttäuschend enden können.
…Ach egal. 4:4! 🙂