Zu fortgeschrittener Stunde unterbreitete Mannschaftsführer Dirk Thomzik ein diabolisches Remisangebot. Der Gegner erkundigte sich nach dem Zwischenstand und der war 4:2 für Fischbek, so dass er mit der Annahme des Angebots die Niederlage der Marmstorfer besiegelt hätte. Grimmig über seine Situation spielte er also weiter, auch wenn die Stellung so remislich war, dass selbst ein norwegischer Schachspieler Schwierigkeiten gehabt hätte, hier noch etwas zu zaubern.
Doch wie war es zu dieser unschönen Situation für den Marmstorfer Spieler gekommen und wieso gibt es beim Schach Tore?
Nachdem wir zuletzt im hohen Norden in Langenhorn aktiv waren, genossen wir nun ein Heimspiel und Dirk Thomzik konnte erstmals auf seine ersten sieben Stammspieler zurückgreifen. Im Gegensatz zum Spiel in Langenhorn war der Mannschaftskampf von solidem Spielaufbau der Marmstorfer geprägt. Da wurden keine Gambits gespielt, keine anrüchigen Varianten, gerne werden auch Figuren getauscht.
Die erste Partie endete bei Jannis Niemann dann auch mit einem Remis. Das war im höheren Sinne nicht ausgekämpft, aber stellungsmäßig ok. Peter Schausten hingegen schien gewillt, die Phalanx der positionell soliden Stellungen zu durchbrechen. Gegen Caro-Kann peitschte er seine Königsflügelbauern nach vorne, verpasste dem Gegner ein weiteres Loch auf f7, zerstörte damit die Rochademöglichkeit seines Gegners und packte seinen eigenen König mittels langer Rochade ganz weit weg. Nun hatte der Gegner das Problem seiner unzähligen Löcher in der Stellung, aber das reduzierte Material sorgte zumindest nicht sofort für einen tödlichen Mattangriff. In merklich schlechterer Stellung übersah der Gegner von Peter dann allerdings ein schönes einzügiges Matt mit Turm und Läufer.
Es war das zweite Mal, dass ich Hubert Kopyto dabei beobachten konnte, wie er aus einer eher simplen Struktur des Damengambits einen fast lockeren Sieg einfuhr. Sein sehr junger Gegner hatte sich einen schwachen Isolanibauer im Zentrum geleistet und versuchte so etwas wie ein Mattangriff, der jedoch nicht funktionierte. Ein relativ schneller Sieg – die Fischbeker Stimmung ging nach oben.
Und was macht man so riiichtig gerne nach einer langen Arbeitswoche? Korrekt, man spielt supergerne ein Damenendspiel mit einem Mehrbauer, welches die Varianten-Rechner-Prozessoren noch einmal so richtig fordert. Matthias Luckhardt hatte sich seinen Freitagabend sicherlich anders und bequemer vorgestellt. Er gewann zwar souverän seine Partie, aber dann wurde es schlimm für ihn (Stichwort: 4 Tore).
Mit Spannung konnte man den Königsangriff von Bodo Wichert verfolgen. Er wollte mattsetzen und gewann die Qualität und die Partie endet mit… Remis. Tja, da ist mir nicht bewusst, wo der Sieg nicht eingefahren wurde.
Ungefähr um diese Zeit verdunkelte sich der Raum. Das Böse hielt Einzug in die Welt und die Stimmung ging bei einigen Schachspielern so richtig in den Keller. Jemand betrat den Raum und verkündete den Zwischenstand bei HSV vs St. Pauli (äh, Fußball, äh ja, oh menno): 4:3. Ein Torfest am Abend und für mich die Erkenntnis, dass sich merklich mehr St. Pauli-Fans am Spielort befunden haben, wo nun die Schultern heruntersackten.
Gleiches galt dann auch für Philip Reichhardt – nicht sein Abend, nicht sein Spiel (Tfc1??!) und dann ein Blunder, der den Marmstorfern einen Sieg schenkte. Aber er war nicht der einzige Enttäuschte. Ansprechende Stellung für Dirk Thomzik, an der Grenze zum Gewinn, dann alles verdorben und nur noch Remis. Ja, es gibt Entschuldigungsgründe, darunter vier Tore zuviel für den Hamburger Sportverein aus seiner Sicht. Kurze Zeit nach dem abgelehnten Remisangebot stellte der Gegner die sinnlosen Gewinnversuche ein und Dirk holte mit dem Remis den Gesamtsieg.
So gewinnt am Ende Fischbek II erneut mit 5,5 zu 2,5 und hievt sich kurz auf Platz 2 der Tabelle.
Um im Fußballkontext der süddeutschen Überherrlichkeit/Überheblichkeit zu bleiben: Dirk Thomzik bleibt bis zum nächsten Spiel Mannschaftsführer, weiteres Spielpersonal wird nicht eingestellt, Skifahren bleibt verboten und die Colts rauchen weiterhin bei Fischbek II.
Das ist ein wirrer und exzentrischer Satz? Ja, ich muss den Lesern auch etwas abverlangen können.
Denis Schermer