Landesliga | Fischbek – Diagonale 4,5:3,5

Jaaaa, wir haben es tatsächlich wieder geschafft und auch das 5.Spiel der Saison gewonnen und die Schlagzeilen überschlugen sich in den WhatsApp-Gruppen der Mannschaft !

Aber der Reihe nach – Mit breiter Brust nach dem bisherigen Saisonverlauf trafen wir heute als Tabellenführer auf den aktuellen Tabellenletzten der Liga : Diagonale Harburg. Dass Diagonale diesen Platz innehat, liegt wohl eher an den Schicksalsschlägen, die die Mannschaft in dieser Saion zu verkraften hat. — Falls derjenige es lesen sollte : Wir und der gesamte Verein drücken Dir ganz fest die Daumen, dass Du alsbald wieder gesund wirst !

Diagonale Harburg spielte lange Zeit in der Oberliga und zeichnet sich durch eine sehr starke dänische Delegation aus. Im letzten Spiel gegen Weiße Dame hatten sie von 5 möglichen dänischen Spielern (inklusive einer Spielerin) keinen aufgestellt. Eine kurze Recherche ergab, dass die Spieler auch für Fredericia Skakforening in der dänischen 1.Divison tätig sind und sich die Spieltermine an dem Tag überschnitten hatten.

Für heute war das aber nicht der Fall und dem Bericht auf der Homepage https://www.sv-diagonale.de zufolge waren sie noch voller Kampfeslust um den Verbleib in der Liga zu schaffen.

Und so liefen heute wie „befürchtet“ gleich 4 und ein halber (Anm.d.Red.Luis Martin-Sommerfeldt) Dänen in Neugraben auf. Der Tabellenletzte der Landesliga reiste mit Oberliga-Niveau an.

Zu unserem Pech fehlte obendrein unser Brett 1 krankheitsbedingt, sodass mir berechtigte Zweifel kamen, ob wir unseren Lauf fortsetzen könnten.

Ein ungewöhnlicher Spielverlauf

„Merkwürdig, normalerweise sind die Schiedsrichter doch immer sehr zeitig vor Ort“. Auch 20 Minuten vor Anpfiff war unser Referee immer noch nicht in Sicht. Tatsächlich sind Schiedsrichter bei einem Fischbeker Heimspiel immer besonders früh, da wir mit den Silver-Timer Uhren spielen und die bekanntlich schlecht mit dem Zeitmodus der Landesliga kooperieren.

Also versuchten wir die Obrigkeiten zu erreichen und bei Jürgen Kohlstädt hatten wir Erfolg. Kurze klare Ansage, wie üblich. Demnach sind wie sonst üblich die Mannschaftsführer als Ersatzschiedsrichter tätig. Gesagt, getan, ging es trotz allem pünktlich um 11 Uhr los.

Die nächste Hiobsbotschaft brachte Manfred. Thomas verspätet sich noch ca. eine halbe Stunde. Seine Uhr tickte aber bereits…

10.49 Uhr – Ich schaute gerade nervös zum leeren Stuhl an Brett 7, wo eigentlich Thomas sitzen sollte, dann ging mein Blick zur Uhr. 10.49 Uhr…. Jetzt 10.50 Uhr. Noch 10 Minuten und wir liegen schon 2:0 hinten, ohne Schach gespielt zu haben. Just in dem Moment kam Thomas zur Tür herein, gewohnt lächelnd, und ich spürte erleichtert, wie sich meine Anspannung löste.

Das war auch der erste Moment, an dem ich mir einen ersten Überblick verschaffte. Es war alles noch möglich !

Carina spielte mit Weiß im Gambitstil. Für eine schnelle Entwicklung der Figuren gab sie einen Bauern und bäumte sich schon drohend vor dem gegnerischen Königshause auf. Ihr junger Gegenüber konterte geschickt im Zentrum und tauschte dadurch die Damen vom Brett.

Der Angriff war dadurch quasi futsch, doch immerhin waren die weißen Figuren bereits entwickelt. Um das auszugleichen, gab Schwarz den Bauern wieder zurück und nach weiterem Materialabtausch einigten sich beide friedlich auf remis.

Kurz darauf war Thomas der Nächste, der ein Ergebnis meldete. Er hatte seine verlorene Zeit fast aufholen können und eine vielversprechende Stellung aus der Eröffnung rausgeholt. Mit Schwarz hatte er sich auf den Königsflügel konzentriert und dort alles nach vorne geworfen. Als er zum vernichtenden Schlag ansetzte, unterlief ihm aber mit knapper Zeit ein Fehler, der leider Haus und Hof kostete. Zwischenstand : 0,5 : 2,5

Nikolas spielte eine sehr ordentliche Partie, die aber keinen der beiden Kontrahenten an den Rand einer Niederlage brachte. Im Mittelspiel wurden alle Leichtfiguren getauscht und mit den Schwerfiguren auf dem Brett einigte man sich kurz vor der Zeitkontrolle auf eine Zugwiederholung.

Dann ertönte endlich mal Erfreuliches ! Und zwar von Brett 6 – Alexander hatte gewonnen.

In der folgenden Stellung verschmähte sein Gegner den Bauern auf g4, wahrscheinlich aus Angst vor Sxb5. Doch genau das wäre recht gut für Schwarz gewesen. Die beiden Läufer wiegen die Qualität wieder auf. Stattdessen opferte Schwarz mit Txe3 selbst die Qualität, was aber keinen Vorteil einbrachte.

Einige Züge später setzte Alex zu einem Matt in 2 an. Na, wer sieht es ?

Weiß am Zug setzt Matt in 2 Zügen

Jedenfalls wieder einmal ein sehr wichtiger Punkt, Alex ! Gut gemacht !

Direkt nebenan war es dann Marco mit der nächsten frohen Botschaft. In der Eröffnung erspielte sich Marco das Läuferpaar und die Initiative auf Kosten eines Bauern. Anschließend gelang es ihm, einen Freibauern auf der A-Linie zu erschaffen :

25…b5-b4 ! Der B-Bauer gelangt nach a3 und erweist sich später als Gewinner…

Nach 36….Td8-d2

Weiß ist verloren. Der schwarze König sammelt den c-Bauern ein und läuft dann durch bis b2.

Marco bleibt damit weiter ungeschlagen und avanciert zum Punktegaranten.

Ich war der Vorletzte, der seine Partie beendete. Und was für eine… Ich durfte schon einmal gegen den dänischen Fide Meister antreten, damals verlor ich die Partie. Heute hatte ich mir mehr vorgenommen. Anfangs lief es gefühlt ganz gut für mich. Anstatt die Entwicklung abzuschließen, ging er gleich auf meinen König los. Sollte mir recht sein, ich wollte ja eine Partie mit Ergebnis. Wir erreichten irgendwann folgende zweischneidige Stellung :

Ich habe hier weiß und wir sind bei Zug 32. Ich habe noch 2 Minuten auf der Uhr, mein Gegner 3. Laut Computer stehe ich hier leicht schlechter, Züge wie Dd2 wären hier die Wahl der Engine.

Ich zog hingegen impulsiv 33.e4-e5. Das verkompliziert und brachte mir glücklicherweise den gewünschten Effekt, als 33…Sf6-d5 erwidert wurde. So konnte ich 34.Sg5-e4 spielen und die Drohung 35.Dxd5 Dxd5 36.Sf6+ aufstellen. Auf 34.Se4 folgte also erzwungen Sc3+ 35.Sxc3 Dxc3 36.Dxc3 bxc3 37.exd6

Schwarz hat jetzt ein Problem – beide Türme sind angegriffen und auf 37…Txe2 kann ich mit 38.d6xc7 antworten, sodass sich der Bauer zur Dame umwandelt…

An dieser Stelle ein wichtiger Hinweis für alle Schachspieler da draußen : Um zu gewinnen, muss man seinen Vorteil auch bis zum Ende verteidigen und nicht schludrig werden !

Die Engine beurteilt die Stellung nach meiner Umwandlung zur Dame mit +7 ! Ich spoiler mal – ich habe nur remis gespielt… Aber warum ?

Wie man sieht, droht Schwarz, mit dem Läufer auf f4 zu nehmen. Mein erster Gedanke war, dass ich auf c3 nehmen kann, dann muss sich der Turm bewegen. Anschließend spiele ich b3-b4, Dxa3 und tausche auf c1 meine Dame gegen Turm und Läufer und gewinne das Bauernendspiel. Ja, Jürgen. Genau so ! Mach das doch ! Aber….dann kam mir leider der Gedanke, dass ich gar nicht schnell genug bin, wenn Schwarz nach dem Figurentausch g6-g5 spielt und auf der h-Linie einläuft. (Kleinhirn : „nein, Jürgen, du bist schnell genug… Schau nochmal hin… Ach, schade, das Großhirn rechnet schon weiter…“)

Ich könnte stattdessen doch auf c3 nehmen, und anschließend den c-Bauern laufen lassen. Dann kommt auch der Springer wieder raus. Den f- und h-Bauern kann er haben, die sind nicht schnell genug. Denkste ! 🙁

Schwarz hatte es geschafft, den h-Bauern zu erobern und damit bis zur Umwandlung zu laufen. Währenddessen holte ich mir auf der c-Linie eine neue Gemahlin. Aber Moment mal, jetzt geht ja nach Th2+ mein a-Bauern flöten…

Letzten Endes musste ich den Springer für den a-Bauern opfern und Schwarz tat das Gleiche mit dem Läufer für den b-Bauern. Übrig blieb eine schwarze Festung, die mit der Dame allein nicht zu knacken war :

Zwischenstand : 3,5:3,5 – nur Jakob spielte noch.

Die Stellung nach Jakob´s 40.ten Zug 40…f7-f5 :

Jakob spielte gewohnt sicheres, positionelles Schach. Im Mittelspiel lenkte seine Gegnerin in eine Kombination ein, wodurch Jakob einen Bauern gewann, jedoch ungleichfarbige Läufer übrigblieben.

Durch aktives Spiel kam Jakob jetzt rechtzeitig zu f7-f5. Das gewinnt zwangsweise einen zweiten Bauern und Weiß versucht es sofort mit aktivem Gegenspiel und Schachs von hinten :

Ich übergebe das Wort an Dr. Jakob Kneip : „Als ich 40….f5 gespielt habe, war mein Plan noch, 43…Kd6 zu machen mit der Idee 44.Td8+ Ke7 45.Txd5 Txg2 46.Txd5 Tg5!, wonach ich ein Turmendspiel mit 2-0 Bauern bekomme, weil das Bauernendspiel verloren ist.

Aber als es dann nach 43.Tc8+ soweit war, habe ich gesehen, dass Weiß auf 43…Kd6 44.Td8+ Ke7 45.Td7+! hat, was die Stellung hält. 45….Ke8 (45…Kxd7 46.Lh3 und Schwarz gewinnt nicht, da der h-Bauer für den Läufer falsch ist) 46.Txd5 Txg2 47.Txc5 und jetzt geht 47…Tg5 nicht mehr, da das Bauernendspiel nur remis wäre.

Deswegen bin ich mit dem König nach b6 gegangen, was später auch gewann.“

In dieser Stellung zog Weiß 50. Ke3, wonach 50…Txg4 in ein reines Turmendspiel übergeht. Das war für Jakob keine Herausforderung mehr und somit fuhr er den Mannschaftssieg ein !

Was für ein Spieltag ! Meine persönliche Schlagzeile lautet : Fischbek kann durchaus gegen Oberliga-Clubs mithalten und die Aufstiegschancen werden von Spiel zu Spiel realistischer. Und natürlich noch diese, weil es so schön war:

Der stolze Mannschaftsführer

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