Am vergangenen Freitag stand für die zweite Fischbeker Mannschaft das Auswärtsspiel bei einer von nicht weniger als drei HSK-Mannschaften in der Bezirksliga A an. Gegen HSK 12 hatte es am 25.1. bereits ein 3:5 gegeben, aber da diese (entgegen der Nummerierung) tendenziell eher stärker besetzt ist als HSK 10 und statt gegen den Abstieg um den Aufstieg spielt, rechnete ich mit guten Chancen für uns auf zwei Mannschaftssiege innerhalb von acht Tagen, nachdem eine Woche zuvor Altona / Finkenwerder im Heimspiel mit 5:3 geschlagen wurde. Doch es kam leider alles anders.
Bereits kurz vor neun war abzusehen, dass dieser Mannschaftskampf kein gutes Ende für uns nehmen sollte: An Brett 1 stand Jörg etwas unter Druck, an Brett 2 wäre diese Beschreibung für Jannis‘ Lage ein klare Untertreibung gewesen. Im Grand-Prix-Angriff war es ein Spiel auf ein Tor, und zwar das schwarze von Jannis. Zu meiner Rechten an Brett vier hingegen schienen weder Joachim noch sein Kontrahent große Lust auf Feindseligkeiten zu haben.
In der zweiten Tischreihe an Brett 5 war es Hubert, der (ein kleines bisschen) Druck zu haben schien, während an Brett 6 Dirk, zumindest als ich einen Blick auf seine Stellung warf, reichlich komisch zu stehen schien. Der AlphaZero in mir hätte hier eine Gewinnerwartung für Weiß von mindestens 80 % ausgeworfen. Bei Bodo an Brett 7 lief es meinem Eindruck nach eher ruhig, während Viktor an Brett 8 die für ihn übliche Partieanlage hatte: Tod oder Gladiolen. Mir sah es an jenem Abend zumindest nicht nach Blumen für ihn aus.
Rein nominell schien uns zwar die Mannschaft von HSK 10 um einiges unterlegen — über 100 DWZ-Punkte, um genau zu sein –, aber wie bei vielen anderen Mannschaften des HSK auch darf man sich von den reinen Wertungszahlen nicht täuschen lassen: Oft spielen eine Reihe von Jugendlichen mit, die rasch an Spielstärke zulegen und (teils massiv) unterbewertet sind. Letztlich kommt es einfach auf die Tagesform an, und die war bei keinem von uns gut.
Nach Remis von Bodo und Joachim (bei der genauen Reihenfolge bin ich mir nicht sicher) kam es dann auch zu meiner Überraschung zum Friedensschluss bei Dirk und Jörg, während Jannis leider wie erwartet die Waffen strecken musste. Zwischenstand also 2:3.
Als Viktor dann das gleiche Schicksal ereilte wie Jannis, war offenbar nur mir klar, dass Hubert und ich jetzt zwingend gewinnen mussten, denn wenige Sekunden nach Viktors Aufgabe bot Hubert Remis an. Als sich dessen Gegner bei seiner Mannschaftsführerin von Brett 2 erkundigte, was er denn nun tun solle, bat ihn diese ungläubig und nachdrücklich um die Annahme …
Der Mannschaftskampf war damit also verloren, was vielleicht ganz gut war, nahm es doch den Druck des Gewinnenmüssens von mir, denn die Qualität meines Spiels war an diesem Abend eine unheilvolle Allianz mit meiner horrenden Müdigkeit eingegangen. Ich hatte mich nicht hinreichend vorbereiten können und fand mich rasch in einer mir unvertrauten Stellung und nicht gerade mit Vorteil wieder. Varianten berechnen war mangels Klarheit im Kopf und Konzentrationsfähigkeit nur rudimentär möglich, aber auch mein Gegner fand nicht immer die besten Züge, und so gab es in der Partie reichlich Gelegenheiten für beide Seiten, diese für sich zu entscheiden.
Als ich meinte, die Unkoordiniertheit der gegnerischen Figuren ausnutzen und einen Angriff vom Zaun brechen zu können, lief ich selbst stattdessen in einen solchen — wieder was übersehen. Aber da ich nicht der einzige Spieler am meinem Brett mit partieller Blindheit war, verblieb ich als Weißer nach umfangreichen Abtauschaktionen in einem Doppelspringerendspiel und beiderseitigem Freibauern mit einem Mehrbauern.
Schwarz war augenscheinlich konsterniert und bestrebt, trotzdem noch das Remis zu erreichen, während ich mich bemühte, mit möglichst wenig Variantenrechnen (ging eh nicht so wahnsinnig gut) doch noch das Maximale herauszuholen, zumal es auf die fünfte Stunde zuging. Wie „gut“ das gelang, und welches „Niveau“ diese Patzerpartie auszeichnete, zeigt sich vermutlich am besten in der Stellung kurz vor dem Friedensschluss:[chessboard]8/2N1P3/8/1p6/1P3nN1/5pnP/P7/4k1K1[/chessboard]
Ich hatte gerade mit 53. e7 den letzten „Gewinnversuch“ gemacht. Es folgte 53. … Sfe2+ 54. Kh2 Sf1+ 55. Kh1 Sfg3+ und Remis wegen Dauerschach.
Remis? Ja, tatsächlich! Weder mein Gegner noch ich sahen zu vorgerückter Stunde, dass statt 55. … Sfg3+? der Zug 55. … f2! schlicht gewinnt, da auf 56. e8D einfach 56. … Sfg3+ 57. Kh2 f1D mit raschem Matt folgt, und auch 56. Sxf2 Kxf2 mit Matt im nächsten Zug (mit zwei Springern!) das lethale Problem nicht löst. So richtig verdient hatte den Sieg an diesem Abend aber auch keiner von uns beiden …
Statt des erhofften „Quasi-Klassenerhalts“ stecken wir nun also wieder mitten drin im Abstiegskampf in dieser überaus engen Bezirksliga A, und man muss kein Prophet sein um zu ahnen, dass es am 21.6. ein Abstiegsendspiel im Heimspiel gegen Weiße Dame 2 geben könnte. Es bleibt spannend!
Danke für den sehr lebendig…
Danke für den sehr lebendig geschriebenen Bericht, Matthias.