Nun war es so weit… unsere Chance den schmerzhaften Fehlstart wett zu machen und hoffentlich einen wichtigen Sieg einzufahren um dem Ziel des Klassenerhaltes näher zu kommen.
Empfangen wurden wir von St.Pauli 3. Während der Ex-Weltmeister und amtierende Nummer 1, Magnus Carlsen, für die erste Mannschaft der „Kiezhelden“ antrat, hatten wir es mit einem Team aus Routiniers und Shooting-Stars zu tun.
Die Runde begann mit einem kleinen Schock für das Fischbeker Herz: Alex Schneider war zu Beginn der Partie nirgends aufzufinden. Auch im Laufe der Karenzzeit schaffte es Alex leider nicht rechtzeitig zum Spiellokal. Also 1:0 für die Gastgeber aus St.Pauli…
Da ich leider (oder zum Glück 😉 ) ziemlich vertieft in meine eigene Partie war bekam ich leider nicht den chronologischen Ablauf der Partien mit, deshalb arbeite ich mich von 1-8 vor.
An Brett 1 entschied sich Christoph dafür in ein theoretisches Endspiel zu gehen, bei welchem der Schwarze sich gut auskennen muss, um nicht in eine unangenehme Stellung zu geraten. Das 1. Brett von Pauli kannte sich jedoch gut aus und verteidigte später auch genau.

Hier fand Christophs Gegner das starke De5, nach einem Damentausch wäre die Stellung schwierig gewesen. Nach einigen weiteren Gewinnversuchen und guten Abwehrleistungen wurde sich an Eins auf ein Remis geeinigt.
An Brett 2 scheute keiner der beiden Kontrahenten den Kampf, und nach wenigen Zügen entstand folgende Stellung:

Jürgen hatte mal wieder eine höchst komplexe Stellung, in welcher ich auf den ersten Blick Sorgen für Schwarz hatte, vor allem aufgrund des suboptimal platzierten Läufers auf f8.
In diesem Kontext möchte ich gerne mein Zitat des Tages einbauen: Jay: „Ich glaube zwar nicht an Deine Stellung — aber ich glaube an Dich, Jürgen!“
Im Laufe der immer schärfer werdenden Partie behielt Weiß vorerst laut Engine einen signifikanten Vorteil. Doch die Stellung wurde zunehmend komplexer, im Laufe des Feuergefechtes ließen beide Spieler Chancen liegen… ehe Jürgen eine geniale Taktik fand! Versuchen Sie sich doch gern selbst, werter Leser:

Nach dem letzten weißen Zug, b2-b3, steht Schwarz auf Gewinn. Es gibt viele starke Züge, aber können Sie das ganze forcieren?
Lösung: Txc2! Jürgen opfert die Qualle und erzwingt damit de facto die Aufgabe. Auf Kxc2 folgt Df2+, nebst Dxg3. Die Mehrfigur ließ sich unser Mannschaftsführer nicht nehmen, und gleicht somit zum 1,5 zu 1,5 aus!
An Brett 3
Nachdem Jay und deren Gegner eine zwar ein wenig untypische aber doch relativ normale Version des Abtausch-Caro-Kanns gespielt haben, musste sich Jay, und im folgenden auch Sie, die Frage stellen, wie man auf einen Minoritäts-Angriff reagieren sollte.

Jay entschied sich für einen sehr starken Plan! cxb4, gefolgt von dem „Vorbeiziehen“ des a-Bauern, mit a3-a4 war Jays Wahl. Das nimmt dem Schwarzen die Dynamik aus seinem Angriff am Damenflügel und kontrolliert das wichtige Feld b5.
Der Gegner reagierte mit …b4-b3, wonach Jay mustergültig diesen zu weit vorgerückten Bauern abholte. Lb5, nebst Tb1 und Dxb3 heimsten Jay einen extra Bauern ein. Der Versuch des Gegner die Stellung taktisch zu verkomplizieren nützte nichts. Jay gewann eine Musterpartie und ist somit erstmalig im 2200 Club! Herzlichen Glückwunsch!!!
An Brett 4 hatte Carina zwar ursprünglich einen g3-Königsinder bekommen, welcher jedoch nach vielem strukturellen Wandel recht bald einem Abtausch-Königsinder glich:

Hier nutzte Carina die Chance um einen Bauern zu gewinnen! Sxe4, Sxe5 und Sxg3 sichern Schwarz einen Mehrbauern. Wenige Züge danach stand Carina auf Gewinn… doch wie wie wir wissen ist es das schwierigste im Schach, gewonnen Stellungen in einen vollen Punkt zu verwandeln. Ich empfehle es jedem Leser in diese Partie tiefer einzusteigen, da sie sehr gut aufzeigt wie schwierig es teils ist gewonnen Stellungen zu konvertieren, und an welchen Stellen vielleicht Chancen lauern. Eine tiefere Betrachtung dies höchst komplexen Endspiels würde leider den Rahmen sprengen. (Vielleicht eine Partie für ein Endspielbootcamp?!)
Carina zeigte aber Nerven aus Stahl sowie eine sehr gute Technik und schaffte es ihren gewinnbringenden Vorteil am Ende in folgende Stellung zu transformieren:

Hier hatte unsere Frauenbundesligistin selbstverständlich keine Probleme, sondern schaffte es unseren Vorsprung auszubauen.
Thomas hatte an Brett 6 mal wieder seinen bewährten Skandinavier ausgepackt und musste/durfte bei Zug 10 eine wichtige Entscheidung treffen:

Nach sorgfältigem Überlegen schnappte Thomas mit Sxd5! zu und entschied sich damit goldrichtig 🙂
Was vielleicht nach Kompensation aussehen mag, evaluierte Thomas hervorragend als einen Gratis-Bauern. Die anschließend klar bessere Stellung setzte Thomas grandios um.
Yours Truly bekam an Brett 7 relativ schnell eine Stellung gegen den Isolani. Allerdings mit 4 Figurenpaaren und einem Bauern auf c3, weshalb ich nicht glaubte besser stehen zu können.
Nach vielem Manövrieren, kleinen taktischen Ideen, sowie noch mehr Getausche, folgende Stellung:

Ich schaffte es zwar in diesem leicht besseren Endspiel einen Mehrbauern zu ergattern… aber leider nicht die Partie zu gewinnen. Der aktive schwarze Turm auf c2, sowie genaues Spiel meines Gegenübers zwangen mich leider zur Punkteteilung. Wer mag kann ja schauen, ob er eine Idee findet weiterzuspielen 😉
Last, but very certainly not least spielte Denis eine Partie mit welcher Eröffnungsfüchse mit einem Faible für Transpositionen eine Menge Spaß haben dürften 🙂

Hier fand Denis den starken Plan e5!… auf Sb3 f5!, und auf das in der Partie folgende Sf3, Lf5, nebst Sxb2 mit schwarzem Vorteil.
Der anschließende Königsangriff des Weißen scheiterte, wonach Denis mit Karpovesker Technik das 6:2 perfekt machten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die besseren Stellungen zumeist gewonnen wurden… und die schlechteren auch!!
Damit lässt sich doch arbeiten 🙂
Nach dem heutigen Kantersieg stehen wir auf Platz 7 und sind wieder voll auf Kurs Klassenerhalt!
