Samstag, der 20. April, um 10:45: Am heimischen Frühstückstisch wird gerade mein zweites Brötchen mit Marmelade bestrichen. In einer Viertelstunde startet in Bremerhaven die NBMM. Wie schön es doch für Fischbek wäre dafür qualifiziert zu sein! Aber bei der HBMM sind wir auf dem 6. Platz gelandet, und nur die ersten vier Teams durften zur Norddeutschen fahren.
10:47: Carina verkündet in der Chatgruppe, dass sie gerade vor Ort in Bremerhaven eingetroffen ist, und erkundigt sich, ob Marco, David und Christoph auch schon da sind. Sind sie offenbar, denn die weitere Absprache des Fischbeker Teams bedarf keiner weiteren Chatnachrichten. Stattdessen werden die Handys aus- und die Gehirne eingeschaltet, denn jetzt wird Schach geblitzt! Moment, was?
Es stellt sich heraus, dass die Strategie „Dreistes Fragen“ mitunter zum Erfolg führt. Bereits frühzeitig nach der Hamburger BMM hatte Marco bei den Organisatoren der Norddeutschen BMM den TV Fischbek als möglichen Nachrücker ins Spiel gebracht, falls allzu viele andere Mannschaften abspringen sollten. Und kurz vor dem Samstag der NBMM kam dann tatsächlich die Anfrage, ob Fischbek einspringen könnte! Aus Hamburg ist Diogenes trotz Qualifikation nicht nach Bremerhaven gefahren, und aus den anderen Bundesländern noch weitere qualifizierte Vereine.
Gemeldet hatten wir die folgende Aufstellung:
Brett 1: Christoph Serrer
Brett 2: Jakob Kneip
Brett 3: Marco Rolf
Brett 4: Carina Brandt
Brett 5: David Serrer
Eine klassische „Serrer-Zange“ also. Mich mit aufzustellen war nur als Option gedacht, falls ich am Samstag doch spontan dabei sein sollte — was nicht zustande kam, aber dafür eben ein gutes Frühstück daheim für mich.
Als Wachmacher für die vier Fischbeker gab es in der ersten Runde ein 0:4 gegen den FC Kreuzberg. Damit schien das Aufwärmen aber schon abgeschlossen zu sein, denn es folgte direkt in Runde 2 ein 2:2 gegen den FC St. Pauli, wobei Marco hierbei einen weiteren Sieg gegen seinen Dauergegner dieses Jahr einfahren konnte, FM Giso Jahncke. Egal, wo in Deutschland Marco aktuell an einem Schachturnier teilnimmt, früher oder später spielt er gegen Giso.
Die Organisation des Turniers hatte sich für den Turniermodus etwas vermeintlich cleveres ausgedacht: Gespielt wurde ein Rundenturnier mit 29 Mannschaften. Hierfür wurden anders als üblich an die Tische nicht die Tischnummern geklebt, sondern die Setznummern der Mannschaften — also immer zwei pro Tisch. Für die jeweils nächste Runde sollte sich so jede Mannschaft zur jeweils um eins höheren Zahl setzen — wer also an 18 gesetzt ist, spielt in Runde 2 an einem anderen Tisch auf der 19er-Seite, und sucht sich danach die mit „20“ markierten Bretter.
Diese Idee scheiterte leider an zweierlei Fakten: Erstens sind Menschen Gewohnheitstiere, und Schachspieler Menschen. Man ist es gewohnt sich als „Gast“ oder „Heim“ an eine Tischnummer zu setzen, und so wurden dann auch die Paarungslisten (fehl-)interpretiert.
Zweites: SwissChess rotiert in einem Rundenturnier leider genau andersherum als die Drehrichtung, in der die Zettel angeklebt worden waren.
Im weiteren Turnierverlauf kamen deshalb zu den blauen Mannschafts-Nummern noch in Rot die klassischen Tischnummern hinzu, mit nur einer Nummer pro Tisch, sodass man wieder wie gewohnt Heim- oder Gastmannschaft an Tisch 8 sein konnte.
Die erste Turnierhälfte lief für die Fischbeker ziemlich gut. Bei Setzlistenplatz 23 von 29 darf man sich über jeden Mannschaftspunkt freuen, gerade bei so volatilen Formaten wie Blitzen. In 14 Runden sammelte Fischbek 10 Mannschaftspunkte und holte unter Anderem einen Sieg gegen Tura Harksheide (bei denen Carina in der Bundesliga-Mannschaft als Gastspielerin mitspielt), ein 4:0 gegen Think Rochade aus Rostock, sowie ein beachtenswertes 1,5:2,5 gegen den HSK, welcher am Ende Norddeutscher Blitzmeister wurde. Für mich persönlich relevant: Gegen TSG Oberschönweide konnte Carina meine Niederlage aus dem Jahr 2022 gegen den Ex-Hamburger Paul Meyer-Dunker rächen. Gut so!
Mit zunehmendem Fortschreiten des Turniers nahm aber offenbar die Luftqualität im Raum weiter und weiter ab, trotz Einschalten der Belüftungsanlage während der Pause. Mir wurde zugetragen, dass die Qualität der Partie spürbar nachließ, aber bezeugen kann ich es nicht — ich war zuhause bereits mit dem Zubereiten des Abendessens beschäftigt, und eine Live-Übertragung gab es eh nicht.
Trotz der subjektiven Einschätzung der Spieler:innen schien die zweite Hälfte dann aber gar nicht so schlecht zu laufen, denn Fischbek sammelte weitere 8 Mannschaftspunkte ein, darunter ein 3,5:0,5 gegen Union Eimsbüttel und ein 3:1 gegen Blankenese, welche beide bei der Hamburger Blitzmannschaftsmeisterschaft noch vor uns gelandet waren. Auch gegen den SC Weisse Dame wurde gespielt (und verloren), aber hierbei handelte es sich nicht etwa um die Hamburger, sondern um eine Mannschaft aus Berlin-Charlottenburg. Ein knappes 2,5:1,5 gegen den Gastgeber Bremerhaven war auch noch drin. Sozusagen abgerundet wurde das Turnier noch mit einem 0:4 gegen SK Norderstedt, welche in der Oberliga am kommenden Sonntag unsere Gegner in der Abschlussrunde sind — da steigern wir uns hoffentlich noch etwas.
Am Ende wurde es mit 18 Mannschaftspunkten der 22. Platz, also eine leichte Verbesserung gegenüber dem Startrang. Die Einzelergebnisse des Teams:
Christoph: 11 Punkte in 28 Partien
Jakob: 0 Punkte in 0 Partien (ist zuhause geblieben)
Marco: 8,5 Punkte in 28 Partien
Carina: 12 Punkte in 28 Partien
David: 10 Punkte in 28 Partien
Carina und Christoph können sich damit über ein moderates Ratingplus freuen, denn die NBMM wird Blitz-Elo-ausgewertet.
Hoffen wir mal, dass das Team für den Abschlusskampf in der Oberliga gut warmgespielt ist!
Jakob in der ungewohnten Rolle des „No-Performers“. Dafür ist sein aus der Ferne geschriebener Turnierbericht sehr unterhaltsam. Eine Frage bleibt allerdings offen: Welche kulinarische Ausrichtung hatte denn nun das von ihm zubereitete Abendessen? Italienisch? Spanisch? Französisch?