Bericht: St Pauli und Lüneburg Open

Semesterferien sind immer eine schöne Zeit für Studenten. Endlich kann man sich von dem Stress des Studiums erholen. Zum Beispiel, indem man mehrere starke neunrundige Schachturniere mitspielt.

Das erste der beiden Sommeropen in Hamburg und näherer Umgebung ist das St. Pauli Open. Austragungsort ist natürlich das Millerntor-Stadion selbst, genauer gesagt dessen Ballsaal. Gut zu erreichen, geräumig, klimatisiert (auch in Hamburg manchmal wichtig!) und mit Bar und Tür ins Stadion ist das ein wirklich komfortabler Ort für ein Schachturnier. Letztes Jahr hatte ich hier schonmal mitgespielt, direkt, nachdem ich in den Mannschaftskämpfen ein hübsches DWZ-Plus erwirtschaftet hatte, und davon einen guten Teil wieder eingestellt. Dieses Jahr ist es leicht besser gelaufen.

Gesetzt war ich knapp in der zweiten Hälfte (was mir bei einem Open schon länger nicht passiert ist), sodass ich gleich in der ersten Runde an Brett fünf den ersten Kracher serviert bekam: IM Cuenca Jimenez, mit einer bescheidenen Elo von 2510. Immerhin mit Weiß. In einer interessanten Struktur unterlief mir ziemlich schnell eine Fehlkalkulation, wodurch das Weggeben meines wichtigen Läufers gar keinen Bauern gewann, und damit war es das dann schon fast. Aber Jimenez war hinterher zu einer ausführlichen Analyse bereit, aus der ich einiges über diese Struktur gelernt habe — und das für einen Preis von nur einem Elo-Punkt.

Am zweiten Turniertag war dann Doppelrunde. Doppelrunde bei einem neunrundigen Open? Aber ja. Der FC St. Pauli ist nämlich nicht nur ein Schachverein, sondern unterhält offenkundig nebenher auch noch eine Fußballmannschaft, die ausgerechnet während unseres Turniers das Stadion benutzen musste. Daher wurde eine Runde vorgeholt. Die Vormittagsrunde konnte ich mit Schwarz gegen einen freundlichen Niederländer rasch gewinnen, was aber leider eine sehr taktische und mental anstrengende Partie war. Am Nachmittag bekam ich dann einen jugendlichen Gegner, gegen den ich erst auf der DLM letztes Jahr gespielt hatte (und verloren). Ich könnte jetzt die anstrengende erste Runde als Entschuldigung benutzen, wieso ich diese Partie so kläglich verloren habe, aber in Wahrheit habe ich hier einfach schlecht gespielt.

Dafür hatte ich in Runde 4 wieder Weiß und einen schlagbaren Gegner. Sollte man meinen, aber ich habe es geschafft, jeglichen Vorteil, den mir die interessante Eröffnung gegeben hat, gleich wieder zu verdaddeln und sogar etwas unter Druck zu geraten. Eventuell hatte mein Gegner mit einer DWZ von 1791 etwas zu viel Respekt vor meinem Rating, denn er forcierte eine Zugwiederholung in einer Stellung, die ich an seiner Stelle definitiv weitergespielt hätte. Aber ich möchte mich nicht beklagen.

Die fünfte Runde begann zunächst ganz vielversprechend. Zum ersten Mal seit gefühlt zwei Jahren habe ich mit Schwarz die ersten vier Züge der halbslawischen Eröffnung auf's Brett bekommen. Sonst spielen fast alle Weißspieler 4.e3 oder cxd5, oder aber nichtmal c2-c4. Endlich konnte ich meine Analysen in diesem System nutzen! Aber dann spielte mein Gegner den Zug 7.g2-g4!?, und ich war wieder auf mich allein gestellt. Ich wusste noch, dass Shirov und Shabalov diese Variante erfunden hatten, dass sie dementsprechend scharf und gefährlich ist, dass Schwarz wissen muss, was er tut — aber sonst nichts mehr. Ich wusste nicht, was zu tun ist. Irgendwie habe ich es aber trotzdem geschafft, die Züge der Hauptvariante zu finden, und am Ende ein Turmendspiel mit einer Bauerninsel weniger bekommen. Mein Gegner war so freundlich, einen seiner schwachen Bauern direkt einzustellen, und trotz meiner miserablen Technik von da an konnte ich die Partie gewinnen. Wieder 50%!

Unter den Leuten mit 50% war ich wohl wieder am Anfang der zweiten Hälfte, mein nächster Gegner nämlich war ein talentierter Fünfzehnjähriger aus Serbien mit einer Elo von 2287. Also nochmal Weiß gegen einen starken Gegner. Der lief mir direkt in die Vorbereitung, aber ab dann spielte er einfach besser als ich, sodass mein Vorteil nach und nach verschwand und ich am Ende ein unangenehmes Endspiel verteidigen musste.[chessboard]8/8/5nn1/2RpBkp1/p2P4/P4P2/1r2NK2/8[/chessboard]In dieser Stellung schließlich gelang es mir, mit knapp zehn Minuten auf der Uhr endlich den Weg zum forcierten Remis zu finden, nämlich 47.Lxf6 Sf4 48.Kf1 Txe2 49.Lxg5! Kxg5 50.Txd5+ Kf6 51.Ta5. Turm gegen Turm und Springer ist Remis, solange der verteidigende König nicht schon am Rand eingeklemmt ist. Ich musste also nur noch einige meiner restlichen Bauern opfern, um ins Zentrum zu entwischen.

In Runde 7 bekam ich den nächsten Jugendlichen als Gegner. Aber dieser war Hamburger und kein Serbe, und auch nicht ganz so stark. Nach ein paar unpräzisen Zügen von beiden Seiten konnte ich direkt aus der Eröffnung heraus einen Mattangriff starten, der noch gar nicht richtig losgegangen war, als mein Gegner schon nichts mehr fand und aufgab.

In der vorletzten Runde dann wieder das gewohnte Spiel: Weiß, Vorbereitung klappt wunderbar, die Stellung ist prima, nur leider kann Jakob kein Schach spielen und der etwas stärkere Gegner gewinnt langsam an Boden. Hier konnte ich mich in ein ungleichfarbiges Läuferendspiel mit bis zu zwei Bauern weniger retten. Mein Gegner sah aber ein, dass es Remis war, bevor er die Bauern überhaupt eingesammelt hatte.

Der Ruhetag vor der letzten Runde gab mir die Gelegenheit, mich ausfühlich auf meinen nächsten und letzten Gegner vorzubereiten, einen belgischen FM. Das funktionierte hervorragend: Ab Zug elf musste mein Gegner selber nachdenken, bis er dann im 23. Zug zum ersten Mal etwas zog, das ich in meiner Vorbereitung nicht betrachtet hatte. Die Situation war also folgende:[chessboard]r2q1r1k/pp1bb1pB/4p3/3pP3/8/P3P2P/1PQN1P2/R3K1R1[/chessboard]Ich mit Schwarz bin am Zug, Weiß hat gerade 23.Tg1 gezogen. Ich habe noch 95 Minuten und Weiß noch 25. Außerdem weiß ich, dass meine Stellung gewonnen ist — nur leider nicht, wie. Dadurch, dass ich nach Start der Runde fast anderthalb Stunden lang quasi nichts zu tun hatte, war ich schon ziemlich aus dem richtigen Mindset für die Partie raus. Jetzt musste ich plötzlich selber ausrechnen, wie eigentlich der Gewinn aussieht. Ich habe für meinen nächsten Zug 30 Minuten gerechnet, und promt den direkten Gewinn verpasst (den ich hier mal nicht verrate, die Stellung eignet sich gut als Taktikaufgabe). Auch in den folgenden Zügen habe ich viel Zeit verbraucht und schlechte Züge gespielt — und ab Zug 28 dann war die Stellung sogar verloren für mich. Sehr schade, auch deshalb, weil ich bisher noch nie gegen einen FM auch nur ein Remis erreicht hatte.

Somit also 50% in St. Pauli, mit einem Minus an DWZ und einem Plus an Elo. Insgesamt habe ich ein paar gute Partien gespielt und einiges gelernt. Zum Beispiel, dass die stärkeren Spieler alle besser gerechnet haben als ich. Deshalb habe ich mir für die drei Wochen bis zum Lüneburg Open ein kniffliges Taktikbuch geschnappt und (fast) jeden Tag eine Stunde lang gerätselt.

Nun also Lüneburg. Dieses Open heißt offiziell "VMCG Schachfestival", nach dem Hauptsponsor, dessen Besitzer sogar selbst mitspielt. Hier machen eine Menge bekannter Gesichter mit. Dieses Jahr musste ich nichtmal alleine jeden Tag nach Lüneburg fahren, Carina Brandt hatte nämlich mal keine Klausur und konnte ebenfalls mitspielen.

Spielort hier ist das Hotel Seminaris, direkt neben der Salztherme und dem Kurpark. Wenn die Anfahrt nicht so lang wäre, hätte man das sogar noch mehr genießen können. Getränke wie Selters, Kaffee und zwölf Sorten Tee wurden kostenlos angeboten, allerdings leider nichts zu essen — was schon doof ist, wenn man um 16 Uhr startet und bei einer normalen Partiedauer erst um 22:30 zuhause ankommt.

Die erste Runde hatte ein überraschendes Ergebnis: Nämlich keine einzige Überraschung. In allen vierzig Partien setzte sich der Ratingfavorit durch. Das ist in meiner Turniergeschichte so noch nicht passiert. Damit habe ich das Ergebnis meiner Partie schon fast vorweggenommen, denn in Lüneburg war ich doch wieder in der ersten Hälfte gesetzt. Bereits im fünften Zug konnte ich mit einer kleinen Serie von Zwischenzügen einen Bauern gewinnen und sogar direkt die Damen tauschen. Hiernach musste ich nur noch ein paar solide Züge machen. David und Christoph Serrer sowie Nikolas Egelriede kamen zum Zugucken. Dem Bulletin zufolge sind sogar irgendwann Andreas Wanke und Denis Schermer aufgetaucht, um zu blitzen, aber da war ich schon wieder auf dem Heimweg.

Nach dem "Pflichtsieg" in Runde 1 war ich nun in Runde 2 ratingtechnisch Pflichtsiegfutter, nämlich mit Weiß gegen WIM Judith Fuchs. Nach einer sehr kuriosen Zugumstellung, angefangen mit 1.d4 d6, fanden wir uns in einem Steinitz-Franzosen wieder. Das ist eine Struktur, in der ich mich eigentlich ganz wohl fühle, und die Judith selbst laut eigener Aussage auch nur mit Weiß so richtig kennt. So wussten wir beide noch die ersten 13 Theoriezüge und mussten dann gleichzeitig selbst zu spielen beginnen. Das gelang mir sogar recht gut. Ein kleiner Bluff eines Figurenopfers auf h7 überzeugte Judith, …f5 zu spielen, wonach ich mit Dh3 und g2-g4 einen netten Königsangriff starten konnte. Den parierte sie und bot mir Remis an. Mit zehn Minuten auf der Uhr habe ich nochmal tief reingeschaut, ob irgendwas geht, und dann angenommen — etwas feige vielleicht, aber laut Engine habe ich nicht viel verpasst.

Gegen meinen nächsten Gegner ging ich dann langsam aber sicher unter. In der Eröffnung wurde ich etwas überrascht, und einen ungenauen Zug später ging es nur noch bergab. Weiß drohte ständig irgendwas, und alle meine Verteidigungen waren gerade ein Tempo zu langsam. Schön gespielt von meinem Gegner.

Runde 4 war für Carina und mich dann wieder angenehm. Carina konnte ein System spielen, das ich ihr mal gezeigt hatte, und auch ein Fehler in der Zugreihenfolge war nicht schlimm — gegen einen 180 Punkte stärkeren Gegner fraß sie einfach alle Bauern, die sie kriegen konnte. Ich selbst hatte in der Eröffnung etwas zu schön und elegant spielen wollen und mal wieder meinen Anzugsvorteil vergeben, aber mein Gegner tauschte freundlicherweise in ein Endspiel ab, das er für Remis hielt (und es auch anbot), das mir aber noch einiges an Chancen bot. Nach einem beidseitigen Patzer –[chessboard]3q2k1/pp4np/2p2Np1/4Qp2/8/1P4P1/P3PPKP/8[/chessboard]Schwarz am Zug hält Remis

— den wir beide nichtmal in der Analyse bemerkten, konnte ich einen Bauern gewinnen und das Endspiel auch.

Und dann kam Runde fünf. Carina und ich saßen direkt nebeneinander, beide mit Schwarz. Sie gegen Judith Fuchs und ich gegen GM Mikhail Simantsev. Der wich bereits im achten Zug von dem ab, was er sonst in einem Dutzend anderer Partien ausschließlich gespielt hatte, aber glücklicherweise hatte ich mich etwas breiter vorbereitet. In einer trickreichen Stellung nach 17 Zügen hatte ich schließlich vergessen, wie genau man den verirrten weißen Springer eigentlich gewinnen sollte — ich hatte nur noch im Kopf, dass der letzte Zug meines großmeisterlichen Gegners nicht gut sein sollte. Was ich dann fand, war zwar nicht vollständig korrekt, aber immerhin kompliziert genug, als dass der GM tatsächlich die Variante spielte, in der ich eine Figur gewinne.[chessboard]3q1rk1/rpN2ppp/p1n2n2/2Qp4/3Pp1b1/1P2P3/P2NBPPP/R1R3K1[/chessboard]Nach 18.Lxa6?! gewinnt Ld7 eine Figur wegen 19.Lb5 b6! 20.Dxb6 Dxc7.

Und so hatte ich also einen Springer gegen zwei Bauern mehr. Leider waren das verbundene Freibauern auf der a- und b-Linie. Das tauschte ich dann so weit herunter, bis es nur noch Springer und diese beiden gegen zwei Springer von mir war, geriet aber schon leicht in Zeitdruck. Tatsächlich war das Endspiel wohl ziemlich trickreich, und Weiß hatte eine Menge Ressourcen, um nicht zu verlieren, aber ich erlaubte mir vor dem vierzigsten und im vierzigsten Zug zwei grobe Ungenauigkeiten, wonach die Stellung dann sogar verloren war. Sehr schade — eine Mehrfigur gegen einen GM, dazu mit Schwarz, so eine Gelegenheit kommt wahrscheinlich dieses Jahr nicht wieder. Es war ja sogar das erste Mal, dass ich überhaupt einen echten GM zum Gegner hatte (obwohl IM Jimenez aus dem St Pauli Open mehr Elo hat). Jedenfalls hat sich das ganze Taktiktraining offenbar doch irgendwie belohnt gemacht.

Gegen den nächsten Gegner ging ich die Dinge dann wieder ganz ruhig an und wählte die katalanische Eröffnung. Das assoziiert man vielleicht mit warmen Gefilden, aber wer Denis schonmal damit gesehen hat, fühlt sich eher an Gletscherwanderungen erinnert. Etwa diesen Stil versuchte ich zu imitieren: Schwächen schaffen, Linien erobern, die Kontrolle behalten. "Leider" öffnete mein Gegner zwischendurch die h-Linie, welche ich zuerst besetzen konnte, und die Partie fand ein vorzeitiges Ende durch Mattsetzen. Ich war sogar so fokussiert auf den positionellen Ansatz, dass ich einige Züge vorher eine Möglichkeit zum direkten Angriff gar nicht wahrgenommen hatte. Aber Punkt ist Punkt.

Runde 7 brachte den nächsten starken Gegner, einen FM. Nach den bisherigen Erlebnissen mit meinen langen Vorbereitungen war es wohl schon ein gutes Zeichen, dass ich dieses Mal bereits nach sieben Zügen "out of book" unterwegs war. So habe ich mit Schwarz fast wie die Profis gespielt: Spannung lösen, Damen tauschen, Figuren harmonisch hinstellen, weiter tauschen, leicht schlechteres Endspiel über zwanzig, dreißig Züge verteidigen. Das klappte so gut, dass ich am Ende das Remis direkt erzwingen konnte. Übrigens ist das das erste Mal, dass ich gegen einen FM nicht verloren habe — obwohl ich schon gegen Gegner mit höherem Rating gewonnen habe, die Titelträger haben mich bis hierher alle geschlagen.

Nach diesem Remis kam sofort der nächste Brocken — aber genau dafür spielt man ja solche Opens mit. Björn Bente, bald FM, Elo 2312. Letztes Jahr bei der HEM hatte ich gegen ihn mit 1.d4 eine gewonnene Stellung erreicht, den Gewinn nicht gefunden und Remis gespielt. Dieses Jahr probierte ich 1.e4?!. Björn spielte auch brav den Steinitz-Franzosen, die einzige e4-Eröffnung, die ich halbwegs verstehe, allerdings mit einem etwas ungewöhnlichen System. Die Tatsache, dass Carina und ich dank der Bahn mit einer Viertelstunde Verspätung ein einer gewissen Menge Frust erschienen waren, schien meine Aggressivität und Blutlust zu fördern, sodass ich munter vorpreschte, ohne alles zuende ausrechnen zu können (nicht genug Bedenkzeit!). Und tatsächlich, nach nur neun Zügen machte Björn bereits den Verlustzug:[chessboard]rnbqk2r/p2nbppp/1p2P3/3pP3/3p4/2N1BN2/PPP3PP/R2QKB1R[/chessboard]Schwarz am Zug finde den einzigen

9…fxe6? 10.Sxd4 Sxe5 11.Dh5+ Sf7 12.Lb5+ Kf8 13.0-0 Lf6 14.Txf6 und die Stellung fiel einfach auseinander. Auf 14…Dxf6 geht Sxd5, und aus 14…gxf6 wie in der Partie 15.Lh6+. Nach nur 21 Zügen war das forcierte Matt auf dem Brett und Björn gab auf. Hurra! Ich sollte in Zukunft zu all meinen Partien zu spät kommen. Das ist mein vom Rating her zweithöchster Sieg! Björn gab hinterher zu, Txf6 unterschätzt zu haben, als er das Risiko von 9…fxe6 kalkuliert hatte.

Später am Abend fand wohl noch das Schnellturnier statt, bei dem auch David und Christoph Serrer wieder dabei waren. Die genauen Paarungen stehen leider nicht im Bulletin, aber wohl, dass David 2,5/7 Punkte geholt hat — herzlichen Glückwunsch!

In die letzte Runde kam ich also mit reichlich Schwung. Die Paarungen gaben mir ein zweites Mal in Folge Weiß, und den dritten FM in Folge — Holger Hebbinghaus, den kennen hier ja auch einige. Ich spielte ein optimistisches System mit 4.h4!?, bot zwei implizite Läuferopfer an, die Holger korrekterweise ablehnte, aber das dritte, das musste er an annehmen. Mit einer Figur gegen einen Bauern weniger versuchte ich also, meinen Königsangriff so zügig wie möglich voranzubringen. Konkret hieß das, dass ich erstmal die aggressiven Züge Kc1-b1 und Sc3-b5 machte, um in aller Seelenruhe die Figuren in Stellung zu bringen. Das Erstaunliche hieran ist, dass die Engines das gar nicht soo schlecht finden. Aus menschlicher Sicht war das Opfer wohl tatsächlich vollkommen spielbar. Nachdem ich nach fünf stillen Zügen dann tatsächlich langsam drohte, Drohungen gegen den König zu kreieren, gab Holger eine Qualität zurück und wir einigeten uns wenig später auf Remis. Ein netter Abschluss für dieses Turnier.

Mit 5,5/9 Punkten habe ich Platz 19 erreicht, sowie ein nettes Plus an Rating. Und ich habe einige gute Partien im Gepäck: Ein Figurengewinn gegen einen GM, eine Miniatur gegen einen 2300er und zwei gute Remispartien gegen zwei Spieler leicht darunter.

Ich freue mich schon darauf, nächstes Jahr wieder an beiden Turnieren teilzunehmen, sofern die Möglichkeit besteht. Gegen so viele starke Gegner hintereinander zu spielen hat schon was — man freut sich riesig über halbe Punkte und lernt eine Menge aus den anderen Partien. Und die Siege erst!

 

Und zum Schluss noch die Auflösungen zu den drei Aufgaben.

Diagramm 2: 23…Lh4! gewinnt sofort. Auf 24.Tg2 geht Txf2 nebst Dh4, und 24.Dg6 funktioniert nicht wegen Lxf2+ 25.Kd1 Lxg1 26.Dh5 Lxe3! und der Läufer kann auf h6 dazwischen ziehen. Letzteres hatte ich übersehen.

Diagramm 3: 25…Kf7 26.Sxh7 Kg8! ist eine Remisschaukel. Der Springer kann nur zwischen f6 und h7 hin- und herspringen. Nach 26…Se6 27.h4 wie in der Partie entkommt mein Pferdchen.

Diagramm 5: 9…dxc3! ist der einzige Zug, der nicht direkt auf den Deckel kriegt. Nach 10.Dxd5 fxe6! 11.Dxa8 cxb2 12.Tb1 hat Schwarz ein bisschen Material weniger, aber ganz gute Kompensation dafür.

2 Kommentare

  1. (Klapp…klapp….klapp)

    (Klapp…klapp….klapp) Applaus für einen tollen Artikel! Da wurden Maßstäbe gesetzt. Hoffentlich nicht mit Folge, dass sich unsere Schachfreunde nicht entmutigen, sondern aufgerufen fühlen, ebenfalls einmal zur elektronischen Feder zu greifen.  

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