Ramada-Cup in Magdeburg 2014 (2. Update)

Ende November zum Ramada-Cup nach Magdeburg zu fahren hat durchaus etwas Positives. Bei der Anreise ist bereits alles dunkel und die sozialistischen Bausünden vergangener Jahre bleiben im Verborgenen. So bleibt nur der positive Eindruck des gastgebenden Hotels im Gedächtnis, bevor man sich nach einem halben Arbeitstag und einer längeren Anreise endlich zur Ruhe begibt.

1. Tag

Busines as usual. Punkt 10 Uhr dröhnt wie gewohnt die Ramada-Erkennungsmelodie "One night in Bangkok" durch den Turniersaal. Eine handvoll Honoratioren begrüßten die 331 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Der Vertreter der Stadt Magdeburg erinnert an die verschiedenen Ottos, die in der Vergangenheit die Geschichte der Stadt prägten. Otto I., Otto Guericke und sogar Michael Otto. Kein Wort dagegen wird über Otto Schermer, Otto Egelriede und Otto Wanke verloren. Nun, hier gilt es also, sich im anstehenden Turnier nachhaltig in Erinnerung zu bringen.

Ok, die erste Runde war aus Fischbeker Sicht ernüchternd. Nikolas hätte eigentlich gegen den Dreikäsehoch, den ihm die Auslosung zugeteilt hatte, gewinnen müssen. Aber dem Dreikäsehoch gelang es – trotz horrender Zeitnot – Nikolas den vollen Punkt abzuluchsen. 

Denis hatte ein sehr kompliziertes Endspiel auf dem Brett (Dame + Läufer vs. 2 Türme + Läufer; beiderseits noch ein paar Bauern). Das logische Ende wäre eigentlich ein Remis gewesen, aber Denis kam irgendwo, irgendwie und irgendwann ein Turm abhanden. Das war`s – 0:1.

Mir gelang dagegen ein glanzloser Sieg. Mein Gegner lavierte ein bißchen so oft hin und her und büßte schließlich einen Bauern ein. 

Die zweite Runde verlief dagegen deutlich besser. Denis gewann bereits zum dritten Mal gegen den selben Gegner. So erwirbt man sich den Ehrentitel "Angstgegner".

Mir gelang es leider nicht, eine seeeehr aussichtsreiche Partie in einen vollen Punkt umzumünzen. Eine interessante Partie mit einem schalen Ende. Remis. Im Nachhinein war`s leicht zu gewinnen. Im Nachhinein….

Nikolas hatte so viel Spaß am Schach, dass er unbedingt bis halb neun am Brett verweilen wollte. Nein. Quatsch. Sein Gegner hegte noch die Hoffnung, ein Endspiel mit Minusbauer und Minusqualität irgendwie halten zu können. Die konkrete Stellung war bereits seit 19.00 Uhr mausetot, aber Nikolas Gegner schien ein grenzenloser Optimist zu sein. ER hoffte auf ein Wunder, welches natürlich nicht eintrat.

Leider war es schon so spät, dass wir nur noch im Hotel einen Happen essen gehen konnten. Die angenehme Abendstimmung wurde jäh durch Denis Ankündigung unterbrochen, im nächsten Jahr die Konzerte von Mario Barth, Pur, Simply Red, Helene Fischer und Roxette besuchen zu wollen. Mein Gott, sind wir in diesem Land wieder so weit?  

2. Tag

Die erste Hürde des zweiten Tages: Ein Platz im überfüllten Frühstücksraum zu finden. Erstaunlich, dass es so vielen schachspielenden Nachteulen gelang, so zeitig zum Frühstück zu erscheinen. Der eine oder andere mag vielleicht gar nicht geschlafen haben. Zumindest einer von ihnen holten dann zwischen der dritten und vierten Runde den Schlaf im Turniersaal nach. Unglaublich.

Die dritte Runde lief aus Fischbeker Sicht durchwachsen. Nikolas gewann, Denis remisierte und ich patzte. Über Einzelheiten zu Nikolas`und Denis`Partien kann ich leider nichts berichten. Zu sehr war ich damit beschäftigt, eine ausgeglichene, englisch eröffnete Partie im Gleichgewicht zu halten. Langsam gelang es mir dann sogar, leichte positionelle Vorteile herauszuarbeiten. Als es dann darum ging, den Sack zuzumachen, übersah ich die – eigentlich simple – Möglichkeit einen Bauern zu gewinnen und dem Gegner eine Stellungsruine zu überlassen. Eine zweite Chance bekam ich nicht mehr. Ende. 

Die vierte Runde lief dann sogar noch schlechter für uns. Obwohl es zunächst etwas zu Feiern gab. Nikolas wurde, zusammen mit einer Reihe anderer Spieler, mit einer Urkunde für seine 10. Teilnahme am Ramada-Cup geehrt. Auf dem Foto ist neben Nikolas noch ein weiterer Fischbeker zu sehen – Hauptschiedsrichter Jürgen Kohlstädt. Doch nun zum Spielgeschehen. Denis gewann zwar recht früh und hatte somit viel Zeit, durch den Turniersaal zu streifen. Nikolas und ich war ein ruhiger Arbeitstag jedoch nicht vergönnt. Die Kunst, sich das Leben schwer zu machen, beherrschen wir beide nahezu perfekt. Wenn dabei am Ende des Tages wenigsten etwas Zählbares herauskommt, könnte man`s ja verschmerzen. Aber für uns reichte es leider nur zur Doppel-Null. Ich muss allerdings ehrlicherweise zugeben, dass meine Gegnerin – von der vielleicht nicht optimalen Eröffnung abgesehen -eine tadellose Gewinnführung demonstrierte. Ich war komplett chancenlos.

Der Tag war im Eimer – zumindest für mich. Ach hätte ich den Tag doch heute dafür genutzt, wenigstens den Magdeburger Dom aufzusuchen. Dann wäre wenigsten etwas auf der Habenseite verblieben. So blieb nur die brutale Erkenntnis, dass mein Schach ungebremst in Richtung Keller schießt. Mir wird schon richtig bange, wenn ich an die anstehenden Mannschaftskämpfe denke.  

3. Tag

Sonntag, der 23. November. Totensonntag. Passend zu diesem Datum wies uns die Auslosung jeweils die schwarzen Figuren zu. Mehr oder weniger ambitioniert machten wir uns an die letzte Aufgabe. Mit 1,5 Punkten auf der Habenseite war es verdammt schwer, mich für die fünfte Runde zu motivieren. Mein Plan sah folgendermaßen aus: Schnell ein paar Züge spielen, ein Remis anbieten und das gute Wetter für einen Besuch im Magdeburger Dom nutzen. Danach würde ich schauen, wie es um Denis`und Nikolas`Partien so steht. Teilweise ging der Plan auf. Schnell, nein blitzschnell haute ich ein paar Züge auf`s Brett. Nach einer 1. d4 – 2. Sf3-Eröffnung versandete die Stellung rasch. Hätte Weiß im 15. Zug ein Turmpaar abgetauscht, hätte ich die R-Frage gestellt. Aber Weiß zog lieber seinen Springer auf b1 zurück und ich bekam positionelles Oberwasser. Nach 22 Zügen hatte ich zwei Mehrbauern, das Läuferpaar, der Gegner einen Doppelbauern auf der f-Linie und ich 1 Stunde und 31 Minuten auf der Uhr, also eine Minute mehr als zu Beginn der Partie. Fürwahr, keine schlechte Zwischenbilanz. Um die Gewinnstellung nicht noch vollkommen zu vermasseln, schaute ich nun etwas länger in die Stellung und acht Züge später hatte mein Gegner genug. Vieleicht hätte ich das Turnier von Beginn uninspiriert, unmotiviert und bocklos spielen sollen. Möglicherweise wären mehr als 2,5 Punkte dabei herausgesprungen. Möglicherweise wäre ich dann aber gar nicht erst nach Magdeburg gefahren.            

Denis bemühte sich redlich, aus einer taktisch geprägten Partie einen vollen Punkt herauszuquetschen. Seinem Gegner gelang es aber immer wieder, gefährliche Drohungen heraufzubeschwören, die es bei objekiver Betrachtung zum Schluß unmöglich machten, auf Gewinn weiterzuspielen.    

Das eigentliche Drama liefert an diesem Tag aber Nikolas ab. Lange passierte nicht viel in dieser Partie, als Nikolas`Gegner unvermittelt einen Damentausch anbot, der ihm, also Nikolas Gegner, einen Bauernverlust einbrachte. Natürlich wollte Nikolas jetzt mehr und lehnte der Folge ein Remisangebot berechtigterweise ab. Allerdings ist es kein Zuckerschlecken, ein Endspiel mit jeweils zwei Türmen und einem gleichfarbigen (schwarzfeldrigen) Läufer zm Gewinn zuführen. Irgendwann kam Nikolas der innere Kompass abhanden und er schaffte das schier Unmögliche – die Partie noch zu verlieren. Bitter. So mussten wir relativ erfolglos aus Magdeburg abreisen. Im nächsten Jahr wird sich kein Mensch mehr an unseren Auftritt erinnern. Otto Schermer, Otto Egelriede und Otto Wanke sind in der Versenkung der Ramada-Statistik verschwunden.