Mit Blitz und Donner begrüßte Petrus am Freitagabend die vier Spieler, die sich trotz der hochsommerlichen Temperaturen ans Brett setzten. Während draußen ein furioses Spektakel aus Licht und Lärm den Betrachter in den Bann zog, gelang dies den vier Akteuren drinnen leider nicht. Der Versuch, den – leiderzum wiederholten Male- im Halbschatten liegenden Spielsaal mit Geistesblitzen zu illuminieren, scheiterte bereits im Ansatz.
Völlige Funkstille im Oberstübchen herrschte beim Schreiber dieses Artikels (Zur Wahrung der strikten Chronologie fängt der Esel bei sich selbst an). Meine Partie gegen Dirk Thomzik begann zwar erst um 19.50 Uhr, endete aber als erste rund eine Stunde später. Anstatt den Springer auf f6 mit e5 zu vertreiben und gleichzeitig Raum und Zeit zu gewinnen, verfiel ich in einem Anfall geistiger Umnachtung auf den Deckungszug f3, der in den allermeisten Eröffnungen zu Recht als minderwertig anzusehen ist. Objektiv betrachtet war nach 5. f3 zwar noch nichts los, aber innerlich war ich zugegebenermaßen reichlich erschüttert. Damit kein falscher Zungenschlag aufkommt – Dirk hat, wie auch bereits bei unserem letzten Zusammentreffen, verdient gewonnen. Im Unterschied zur damaligen Partie haben wir seinerzeit aber gemeinsam Schach gespielt. Am Freitag konnte dies dem Weißspieler nicht attestiert werden. Den absolute Tiefpunkt lieferte ich in bereits verlorener Stellung mit einem peinlichen, nein unsportlichen, Remisangebot. Ich will verbal nicht lange herumdribbeln – das war vollkommener Mist. Sorry Dirk.
Aber etwas Gutes hat diese Entgleisung doch. Sie bildet den Auftakt zu einer neuen Rubrik, dem "Schach-Knigge". Hier werde ich (und hoffentlich auch andere Schachfreunde) in loser Reihenfolge Begebenheiten auf und neben dem Schachbrett aufgreifen und aufbereiten, die Anlass für Verwunderung, Ärger oder sogar Wut geboten haben. Beginnen wir also mit der Lektion Nr. 1, dem fairen Remisangebot. Wann darf ein Spieler ein Remisangebot unterbreiten? Jürgen Kohlstädt könnte zu diesem Thema sicherlich stundenlang aus den FIDE-Regeln dozieren. Ich will es aber kurz machen und beschränke mich auf die einfache Formel: Ein Remisangebot darf abgegeben werden, wenn die Partie ausgeglichen steht. Alles andere stellt entwdeder eine Beleidigung des Gegners dar oder muss als störrender Eingriff in die Partie verstanden werden, es sei denn, der Anbietende steht auf Gewinn – dann darf er sich den virtuellen St. Martin-Orden umhängen (und Backenfutter vom eigenen Mannschaftskapitän abholen). Leider begegnen einem bei Turnieren immer wieder Spieler, die ein – vermeintlich originelles – Remisangebot bei eigener Trümmerstellung offerieren. Eine echte Unsitte. So, genug abgeschwiffen, abgeschweift oder wie auch immer.
Die zweite Partie des Abends erbrachte einen Sieg von Denis Schermer gegen Jakob Kneip. Nur wenige Minuten, nachdem ich meine Partie vergeigte, gab es am Nebentisch ein angeregtes Gepräch zwischen den beiden. Fälschlicherweise schloss ich daraus, dass die Partie remis endete, aber dem war nicht so. Auch Jakob erwischte keinen Glanztag und stellte ohne Not eine Figur ein. Nun gut, damit bleibt es in der Gruppe weiterhin spannend.
Spieltag 26.08.2011
Hallo lieber Andreas,
mein Außenseitersieg hat mich natürlich sehr gefreut. In dieser Situation stört dann auch ein (zu spätes) Remisangebot nicht.
Während der Partie sollte man sich natürlich auch nicht über die "Grundlinienformaton" des Spielpartners amüsieren, sorry Andreas.
Eine kurze Anmerkung zum 5. Zug: e5 hätte die schwarze Partieanlage nicht ruiniert, da Se4 möglich gewesen wäre. Gefolgt von Lb4 und 0-0 ziehe ich die schwarze Stellung vor, die weiße Dame steht bescheiden, der Lf1 noch schlechter…
Ich denke, dass die Züge e5 und f4 (hier kam auch die erste Warnung von meinem Compi) die Ursache für die Niederlage waren, da diese den Läufer b7 zum Helden der Partie gemacht haben.
Liebe Grüße
Dirk