Fischbek I: Landesliga-Auftakt nach Mittelmaß

Der Ausflug in die Oberliga ist beendet: In der Saison 2024/25 geht es für Fischbek I in der Landesliga weiter. Als „von oben“ kommende Mannschaft sollten wir ja eigentlich der Schrecken der Landesliga sein, aber tatsächlich ist die Hamburger Landesliga stark genug besetzt, damit Fischbek auf dem Papier ungefähr Mittelfeld ist.

Beim Auftaktspiel am Sonntag trafen wir auf Barmbek I, welche gerade erst frisch in die Landesliga aufgestiegen waren. Vor dem Hintergrund forderte Mannschaftsführer Jürgen de Voogt vom Fischbeker Team einen Auftaktsieg ein — alle folgenden Mannschaftskämpfe dürften schwieriger werden.

Pünktlich am Sonntagvormittag saßen dann alle Spieler:innen an den Brettern. Bei Fischbek die Setzplätze 1 bis 9 (nur Thomas Peters fehlte), bei Barmbek die Setzplätze 1 bis 10.

In der Frühphase des Mannschaftskampfes beobachtete ich die anderen Bretter mit gemischten Gefühlen. Marco Rolf, direkt neben mir an Brett 4, wurde mit den weißen Steinen in der Eröffnung etwas überrascht und hatte höheren Bedenkzeitverbrauch in einer zumindest unübersichtlichen und ungewöhnlichen Struktur. Carina Brandt an Brett 5 hatte auch nicht ganz die Vorbereitung getroffen, aber zumindest eine irgendwie akzeptable Stellung. Alexander Schneiders Dame an Brett 6 war gut beschäftigt mit dem Wegnehmen von b7-Bauern und anschließender Flucht, während der Gegner erstaunlich früh schon einen Bauern auf f5 plus Turm auf g6 aufgestellt hatte. Da gab es Potenzial zum Schiefgehen.

David Serrer an Brett 7 hatte offenkundig seine Eröffnung mit der Intention gewählt, mit Schwarz strikt auf Gewinn zu spielen — da waren auf den ersten Blick alle Ergebnisse möglich. Und Denis Schermer sah sich mit Weiß der Stonewall-Struktur gegenüber, welche ich persönlich in meinen 1.d4-Zeiten absolut nicht ausstehen konnte. Man hat mit Weiß immer die rechtschaffene Überzeugung besser stehen zu müssen, aber zumindest mein Score reflektiert das überhaupt nicht.

Und ganz vorne? Da war ich insgesamt optimistischer — auch deshalb, weil die Bretter 1 bis 3 aus Fischbeker Sicht die Ratingfavoriten in dieser Begegnung waren, deutlich mehr als im Mittelfeld des Kampfes. Am Spitzenbrett hatte Christoph Serrer mit Schwarz eine so gewohnt solide Stellung, dass ich dieser Partie keine weitere Beachtung geschenkt habe, aber nicht erstaunt war, als sich bald die Hände zum Remis geschüttelt wurden. Und Jürgen de Voogt an Brett 2 hatte mit Weiß eine besonders scharfe Eröffnung ausgewählt, die — wenn ich mich recht erinnere — vermutlich noch aus dem Giftschrank aus der Oberliga-Saison stammt. Das war ein klassischer „Alles oder nichts“-Ansatz, wie man ihn von Jürgen kennt. Und meine eigene Stellung schließlich entsprach noch grob meiner Vorbereitung, trotz der sehr dürren Datenlage über die Barmbeker Spieler. Quasi gut geraten auf der Grundlage von 20 Jahre alten Partien in der Datenbank. Jedenfalls hatten wir hier durch Damentausch auf b6 ein Endspiel in einer Carlsbad-Struktur, wo …axb6 für Schwarz ausgesprochen nützlich ist und ich mich schon früh darauf eingestellt habe ein langes Endspiel mit kleinem Vorteil zu massieren.

Rund um den Zeitpunkt von Christophs Remis war leider auch Alexander fertig, der sich über seinen Mehrbauern nicht mehr so recht freuen konnte, weil der König einfach zu sehr mattgesetzt wurde. Schade! Ebenfalls bergab ging es bei Marco, der eine nicht funktionierende taktische Fortsetzung gewäht hatte und dafür mit einer Dame bezahlen musste. 0,5 : 2,5 für die Gäste — so hatten wir uns den Start in die Saison nicht ausgemalt.

Daher schnell wieder gute Nachrichten: Carina konnte eines ihrer (und meiner, wenn auch nicht in derselben Eröffnung) Lieblingsmanöver durchführen, nämlich die Springerwanderung …Se7-f5-h6-g8, und von g8 aus dann nochmal über e7 nach f5. Klingt seltsam, ist aber ein wirklich fabelhaftes Manöver, welches den Weißspieler auch promt aus dem Konzept gebracht hat. Hier war ab dem Moment ein voller Punkt von mir schon quast fest eingeplant. Plus meine eigene Partie, man muss ja optimistisch spielen, und dazu Jürgens taktisches Durcheinander, und Fischbek wäre schon wieder bei 3,5 Punkten angekommen, wenn es denn so kommen sollte.

Bei Jürgens Durcheinander kam es auch in der Tat so. Trotz links wie rechts hängender Figuren machte Jürgen einfach noch ein, zwei Entwicklungszüge, um auch die letzte Leichtfigur ins Spiel zu bringen (und damit praktischerweise eine der durchgängig hängenden eigenen Figuren unantastbar zu machen), und dem konnte die unkoordinierte und weniger gut entwickelte schwarze Armee nichts mehr entgegensetzen. 1,5 : 2,5, Anschlusspunkt!

Nicht ganz belohnt, aber auch nicht bestraft für die riskante Eröffnungswahr wurde David, der bei seinem Angriff am Damenflügel kein Matt fand (ich beim flüchtigen Blick vom Brettrand auch nicht) und sich dann mit seinem Gegner auf Punkteteilung einigte. 2:3, mit noch ein paar Eisen im Feuer für Fischbek.

Bei Denis habe ich ein paar Mal rübergeschielt, aber jedes Mal nur gesehen „Jep, ist immer Stonewall, bäh“. Meinem Empfinden nach hat Denis hier ungefähr die Pläne und Aufbauten angewandt, denen ich früher gegen Stonewall auch vertraut hatte, aber wie gesagt, mein Score war leider nicht gut damit.

Bei Carina und mir hingegen wurden die schon recht früh entstandenen Endspiele weiter auf Vorteil ausgebaut. Allerdings offenbar einigen Zuschauern nicht schnell genug: David verschaffte sich nach seiner Partie noch einen Überlick über unsere Stellungen und verließ dann das Turnierareal, angeblich mit den Worten „Da kann ich ja in 2 Stunden nochmal wiederkommen, das dauert noch“. Und so ganz unrecht hatte er nicht, die letzten drei Partien zogen sich etwa hin — aber auf die 2 Stunden sind wir nicht gekommen, auch deshalb nicht, weil die Bedenktzeit im Gegensatz zur letzten Oberligasaison deutlich kürzer geworden ist (nach Zug 40 insgesamt 30min weniger pro Seite).

Carina konnte ihr Endspiel mit famosem Springer auf f5 souverän verwerten, indem sie Weiß nicht nur den d4-Bauern wegnahm, sondern Weiß auch konsequent auf dem absolut unnützen schlechten Läufer sitzen ließ. Professionelle Technik, und 3:3! Jetzt mussten nur noch Denis und ich anderthalb Punkte beisteuern.

Bei mir sah es für den vollen Punkt eigentlich ganz gut aus. Die bessere Bauernstruktur hatte ich ja schon seit der Eröffnung, aber mittlerweile auch das Läuferpaar sowie zwei Türme auf a8 und a7, die sich den weißen a2-Bauern ganz genau anschauen wollten. Der Mehrbauer ließ dann nicht lange auf sich warten, und von da an sollte es „nur noch Technik“ sein den Punkt nach Hause zu bringen — und natürlich würde mir hier niemand bei Fischbek Druck machen, aber es wäre ja schon echt doof wenn mir diese Technik im Mannschaftskampf nicht glücken sollte.

Bei Denis ging es leider irgendwann bergab. Die genauen Details konnte ich wegen niedriger Bedenkzeit nicht mehr sehen, aber mein Eindruck war, dass der schwarze Stonewall-Bauer von f5 sich irgendwie auf den Weg nach f3 gemacht hatte und auch hier eine Königsstellung kaputtging. Leider sind die Landesliga-Partien noch nicht online, sonst könnte man hierzu (und zu den anderen Partien) noch etwas mehr sagen. 3:4 für die Gäste, wodurch ich leider nur noch um den Ausgleich spielte.

Den konnte ich dann sogar noch vor dem Untergang der Sonne am Horizont erringen. Schiedsrichter Boris Bruhn war schon dabei frische Partieformulare für Zug 61 zu verteilen, als meinem Gegner auch der letzte Bauer abhanden kam und die Uhr angehalten wurde. 4:4 — nicht fürchterlich, aber auch nicht rosig.

Für uns ist der eine Mannschaftspunkt weniger als erhofft, zudem wie gesagt die folgenden acht Kämpfe alle auf dem Papier härter werden dürften. Trotzdem, ein paar Formschwankungen gibt es immer, und Begegnungen in der Landesliga werde generell knapp entschieden — hoffen wir mal, dass sie es in Zukunft zu unseren Gunsten werden!

Ein Kommentar

  1. Schöner Bericht, der spiegelt auch meine Wahrnehmung wieder. Da waren alle Emotionen mindestens einmal vorhanden. Irgendwie nur logisch, dass dann am Ende die Punkte geteilt werden.

    Danke für den Bericht und den ausgekämpften Punkt, Jakob !

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