Am 19.10. spielten wir auswärts gegen Diogenes, jedoch nicht in einem Diogenes-Spiellokal.
Ist das Spiel schon 3 Wochen her? Ja.
Habe ich vergessen, an dem Folgewochenende den versprochenen Bericht zu schreiben? Ja!
War es schon wieder ein knapper, aber zum Abschluss nicht zum Punktesieg reichender Mannschaftskampf? Spoiler: Auch ja.
Von daher entgegen jeder guten Erzähltechnik hier schonmal vorneweg das Endergebnis: Wir verloren 3,5-4,5.
Vor der Begegnung gab es einiges an Organisationsaufwand — der übliche Spielort des SC Diogenes im Fahrenkamp war leider blockiert. Nach einigen Diskussionen, ob der Kampf verschoben werden müsste oder vielleicht auch stattdessen bei uns ausgetragen werden könne, fand Diogenes noch einen Ersatz. Und so spielten wir im Stadtteilhaus Horner Freiheit. Günstig für Leute, die mit der Bahn fahren: Der Spielort ist so nah an der Haltestelle Horner Rennbahn, dass man quasi aus der Bahn in den Eingang fällt.
Nun, genug Vorgeplänkel, ab an die Partien, fangen wir der Reihenfolge nach an.
Bei Christoph mutete die Stellung mit einem Abtausch-Damengambit eher ruhig an. Sein Gegner Fabian Schulenburg konnte zwischenzeitlich einen recht bedrohlichen Springer auf c4 installieren, Christoph schaffte es mit einer kleinen Taktik jedoch, ihn abzutauschen und dabei auch einen Bauern zu gewinnen.

Weiß gewinnt einen Bauern mit Sxd5, was die Verteidigung des gefährlichen Springers auf c4 eliminiert.
Drei Züge später wurde sich hier die Hände geschüttelt.
Bei Marco lief es leider richtig düster. Schon leicht angeschlagen am Brett angekommen, wurde von Holger Mach ein Königsindischer Angriff gespielt, wo Marco zwar den richtigen Moment fand, um mit …e5 im Zentrum gegenzuhalten, sich jedoch kurz darauf in der eigenen Figurenkoordination zu sehr verhedderte. Insbesondere einem Springer wurde zu wenig Auslauf gegönnt.

Der Springer ist soeben nach a5 gehopst, um eine Dame auf b3 zu treten, damit ein Bauernverlust vermieden werden konnte. Doch oh weh, hier griff Marco mit 12. …c6 leider fehl. Der Springer fand sich nach 13. b4 ohne Rückzugsmöglichkeit.
Auch diese Partie wurde kurz nach Zug 20 dann beendet, mit dem ersten vollen Punkt gegen uns.
Bei Jay war die Eröffnungsbehandlung der beiden Seiten ein kleines Kuriosum. Aufs Brett kam ein Winawer mit Dg4. Nach Zug 9 musste offenbar erst einmal altes Eröffnungswissen ausgekramt werden, denn Jay dachte die nächsten 45 Minuten nach — zu einiger Verwirrung des Gegners Torben Schulenburg, dem ich im Vorraum wartend begegnete, während meine eigene Partie bereits schon so weit fortgeschritten war, dass die erste Brötchenpause anstand. Nach der Meditationsübung wurde jedoch die Eröffnung und das Mittelspiel in wenigen Minuten von Jay heruntergespielt, bis ein Endspiel mit einem richtig guten Springer auf dem Brett stand. Es stellte sich jedoch heraus, dass es kein Durchkommen gab. Somit war die Stellung ebenfalls quasi nach 24 Zügen vorbei, auch wenn sie noch bis Zug 49 gespielt wurde, denn in Zug 24 wurde der letzte Schlag- oder Bauernzug ausgeführt.

Ein schöner Springer auf f4, jedoch gebunden an eine Schwäche auf g2 und der weiße König schafft es leider auch am Damenflügel nicht an dem schwarzen Läufer vorbei.
Zur Veranschaulichung hier der Fortschritt nach Zug 35, 42 und 49 (Endstellung).



Auch diese Partie endete daher mit einem Remis.
Jürgen hatte ein… man könnte es Anti-Bilderbuch-Remis nennen? Doch der Reihe nach. Zunächst wirkte alles ganz rosig, denn Jürgen gewann direkt in der Drachen-Eröffnung einen Bauern.

Weiß gewinnt einen Bauern mit zwei Abzugs-Motiven. 11. …Sxe4 12. Sxe4 Sxd4 greift die Dame per Abzug an, die den Springer auf d4 nicht zurücknehmen kann, da dieser durch den vorherigen Springer-Abzug gedeckt ist.
Daraufhin fing Stefan Gottuk an, sehr energisch auf Angriff zu spielen, bis Jürgen eine Taktik „fand“, die eine Figur einstellte.

Jürgen fand hier den Zug 20. …La4, mit der Idee, dass nach 21. cxb4 Lc2+ 22. Kh1 (bis hierhin Partie) Lxd1 der Turm wegen Lxb2+ nicht gut zurückgenommen werden kann. Allerdings gibt es nach Lxd1 Lb5+ mit einem Abzugsangriff auf den Läufer auf d1. Jürgen entschied sich für 22. …Dc6
Mit der Minusfigur wurde noch ein wenig gespielt, bis Jürgens Gegner endlich die Abwicklung „fand“, mit der die gefährlichen Damen vom Brett genommen würden. Nur dass diese Abwicklung die Figur zurück einstellte.

Taktikfüchse kennen das Motiv „Aussschalten der Verteidigung“ gut. 30. …Txc5 eliminiert den Verteidiger der Dame, während der Turm gleichzeitig die eigene Dame deckt.
Die Stellung wurde dann in ein Endspiel mit Minusqualität gegen zwei Bauern angewickelt. Und gerade hier hätte Stefan Gottuk von einem von Jays Endspieltechnik-Trainings profitieren können.

Wie gewinnt Weiß die Partie? Indem man den König mit Tg8 abschneidet und dann mit dem h-Bauern rennt. Wie gewinnt man sie nicht? Indem man mit Td8 anfängt, die schwarzen Bauern zu nerven, bis Schwarz sie gegen den h-Bauern tauscht. (Letzteres war Partiefortsetzung)
Zitat von Jay hinterher: „Und irgendwie war es dann Remis.“
Ähnlich lässt sich meine eigene Partie zusammenfassen, deren Eröffnungsbehandlung komisch, das Mittelspiel fransig und das Endspiel glücklich gerettet war.

Es gibt hier viele gute Züge für Schwarz. Kc7 ist ein guter Anfang, Sd3+ stellt den Springer auf ein gedecktes Feld, g5 untergräbt meine Bauernkette… Schwarz spielte hier stattdessen Se4, der natürlich sofort geschlagen wird. Danach kann mein Springer alles zusammenhalten und der e6 ist schwach genug, dass Schwarz den Läufer nicht ernsthaft aktivieren kann.
Auch hier demnach ein etwas glückliches Remis.
Wenn man der Partieeingabe vertrauen kann, dann hatten Denis und Christian Laqua wirklich wenig Lust auf Schach.

Nachdem Christian die Eröffnung abgeschlossen hatte, scheint es schon zum Remisangebit gekommen zu sein, welches angenommen wurde.
An Brett 7 konnte Alexander gegen Karin Chin leider nicht an seine Erfolgsserie aus der Rangliste anknüpfen. In einem sehr offenen beschleunigten Drachen wurde es Alexander zum Verhängnis, dass seine Dame überlastet war und sich zu viele Figuren um zu viele Deckungsaufgaben kümmern mussten, bis der König plötzlich zu exponiert war.

Hier erfolgte schon der entscheidende Einschlag mit 21. …Lxh3. Nach 22. Dxe4 Lxg2 32. Kxg2 Dxb5 war der weiße König zu offen und die schwarzen Figuren schnell zu stark.
Hier ging leider der zweite volle Punkt verloren, was unsere Niederlage besiegelte.
Jedoch! Den einen Lichtblick gab es an Brett 8! Thomas spielte einen wahnsinnig unübersichtlichen Skandinavier, mit sehr gefährlich aussehenden Mattangriffen auf beiden Seiten. Held der Partie war die Uhr (und ein Springer auf g4, der alle möglichen Taktiken drohte). Sein Gegner, Oguz Kilic, fand sich schon früh in heftiger Zeitnot wieder und schaffte es nicht, sich die Zeit für effektive Prophylaxe-Züge zu nehmen. Zum Schluss entschied ein einfacher Doppelangriff die Parte (natürlich von dem Superspringer).

Hier verlor Weiß schließlich die Nerven und spielte Dxe3, wonach es einen Doppelangriff mit Sxe3 auf die beiden Türme gibt. Man erkennt aber auch schon an dieser Stellung, wie viel hier in der Partie los war. Grundreihenprobleme auf beiden Seiten, Thomas hat über die offene g-Linie und die a7-g1-Diagonale in Richtung des weißen Königs gefeuert und der Springer auf g4 mischt überall mit.
Thomas gewann uns den einzigen vollen Punkt für unsere Seite. Dennoch gehen wir leider punktlos aus dem stellungsmäßig wohl chaotischsten Mannschaftskampf seit langem.
Immerhin waren wir fertig, bevor der Tanzkurs nebenan loslegen konnte.

