Langenhorn – TV Fischbek II 5:3

Die Agonie der Zweiten will einfach kein Ende nehmen. Gestern gab es einmal mehr eine vollkommen unnötige 3:5-Schlappe gegen den Tabellenzweiten Langenhorn. Selbstverständlich kann man gegen eine gute Mannschaft, wie sie unser gestriger Gegner verkörpert, klar und deutlich verlieren. Aber das Schicksal wählte erneut den Weg einer perfiden Marter. Langenhorner Glück oder Fischbeker Pech?  Über Glück und Pech im Schach zu fabulieren, überlasse ich lieber den verkappten Pokerspielern unter uns. Oder Siegbert Tarrasch.   

Aber wo fange ich an? Der gestrige Leidensweg setzte eigentlich schon im letzten November an. Warum ausgerechnet der Freitag nach Himmelfahrt von unserem Gastgeber als Spieltermin angesetzt wurde, ist mir unverständlich. Die "Brückenbauer", zu denen ich mich selbst zähle, werden es eher missmutig zur Kenntnis genommen haben. Oder ahnten sie seinerzeit bereits das positive Ergebnis voraus? Egal, die Bedingungen sind für alle gleich und dürfen daher keinesfalls als Ausrede herangezogen werden. Gleiches gilt auch für den Umstand, dass wir zwei Spieler durch Dirk Thomzik und Alexander Schneider ersetzen mussten. Dirk, mannschaftsdienlich wie immer, war sogar bereit, mir aus meiner Terminpatsche zu helfen und sich als Fahrer zur Verfügung zu stellen. Wirklich große Klasse, Dirk!

Er kam als Letzter und ging als Erster. Philip Reichhardt war zunächst Opfer der einspurigen Elbtunnelpassage und danach Opfer eines hartnäckig agierenden Langenhorners. Vielleicht war der schnelle Verlust vermeidbar, aber die gedrückte Stellung ließ frühzeitig nicht sehr viel Platz für große Hoffnungen.

Besser lief es dagegen bei meinem Nachbarn Jakob Kneip. Während ich den Reichhardt`schen Niedergang an Brett 2 nur selten beobachten konnte, war ich ständiger Zaungast bei Jakobs Partie an Brett 4. Selbst wer vom Schach nicht viel versteht, wäre anhand der Mimik von Jakobs Gegner zweifelsfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass es um Jakob gut und um den Langenhorner schlecht bestellt ist. Allein der Zeitverbrauch in der Eröffnung (katalanisch!) lieferte einen Beleg dafür, dass dem Weißspieler etwas entglitten ist. Nach 15 Zügen war der Spuk bereits vorbei und wir konnten zum 1:1 ausgleichen. Und die Wasserstandsanzeigen an den anderen Partien deuteten beileibe nicht daruf hin, dass wir am Ende mit leeren Händen dastehen sollten.

Der nächsten vollen Punkt erwartete ich an Brett 8 von Alexander Schneider. Oder um es präziser auszudrücken: Meine Erwartungshaltung entstand erst, nachdem Alexander seinem Gegner bereits in der Eröffnung zweizügig einen Läufer abgenommen hatte. Wenige Züge später revanchierte sich Alexander allerdings mit einem noch großzügigeren Gegengeschenk – seiner Dame. Zwei Leichtfiguren für die Dame waren dann doch zu wenig, um den unvermeidlichen Verlust abzuwenden. Neuer Zwischenstand 1:2 gegen uns.

Überraschendes geschah dann an Brett 1. Denis Schermer glich zum 2:2 aus. Die Überraschung bestand natürlich nicht in Denis`Sieg, den man durchaus erwarten konnte, sondern in dem Umstand, dass er nicht als Letzter um Mitternacht den Mannschaftskampf beendete. Zum Spiel kann ich nicht viel sagen. Auf dem flüchtigen Blick sah alles wie immer in Denis` Weißpartien aus – solide, schnörkellos und sicher.   

Um in der Chronologie zu bleiben, muss ich nun auf meine Partie zu sprechen kommen. Da die diesjährige Saison für mich bislang grottenschlecht verlief, hatte ich eigentlich keine Hoffnung, gerade in Langenhorn den Turnaround hinzubekommen. An Langenhorn hatte ich in sportlicher Hinsicht bislang keine allzu guten Erinnerungen. Ich denke noch immer mit Grausen an einen Mannschaftskampf vor einigen Jahren, bei dem ich ein Läuferendspiel trotz dreier Mehrbauern nicht gewinnen konnte (Rybka schaffte es bei der heimischen Analyse allerdings auch nicht, was deshalb sehr für meinen damaligen Gegner sprach). Diesmal sollte es besser laufen. Bereits beim Übergang ins Mittelspiel "fühlte" ich, dass meine Stellung einiges an Potenzial bot. Dieses Wohlgefühl wurde weniger durch mein eigenes gutes Spiel, sondern vielmehr durch das unglückliche Manövrieren meines Gegners mit seiner Dame erzeugt. Via a5 beförderte er die schwarze Lady nach f5, um sie im Folgenden nach h7 zu bugsieren und mit dem Bauernzug nach g6 vorerst den Deckel über diese zuzumachen. Sah nach der Handschrift Nimzowitschs aus – war es aber nicht. (wenn ich Computeranalphabet es irgendwann einmal schaffen sollte, spendiere ich den Lesern auch einmal ein Diagramm). Kurzum: Der neue Zwischenstand lautete 3:2 für uns.

So, nun hätten wir aus den verbleibenden drei Partien nur noch einen Punkt gebracht, um den Abend zumindest mit einem 4:4 abzuschließen. Zu diesem Zeitpunkt rechnete ich – einen "normalen" Spielverlauf vorausgesetzt – insgeheim mit einem Sieg und zwei Remis. Aber was ist schon normal in dieser Saison? Knud Schulenburg befand sich in horrender Zeitnot, die sich möglicherweise als Ursache für den Verlust seiner Partie herausgestellt haben mag. Nach meiner Einschätzung war die Stellung kurz vor dem Ende noch total ausgeglichen. Aber vielleicht ist mir da etwas meiner Aufmerksamkeit entgangen. Neuer Zwischenstand 3:3.

Der nächste Joker sollte eigentlich von Peter Schausten gespielt werden. Auch hier konnte ich meinem Tischnachbarn bei seinen Bemühungen, den gegnerischen König zu massakrieren, meist gut zuschauen. Es entstand schnell ein wirres Durcheinander auf dem Brett und beide Könige befanden sich irgendwann nahezu gleichzeitig in höchster Bedrängnis. Peter hatte eine handvoll Mehrbauern zu verbuchen, aber er versuchte noch im Mittelspiel den finalen Schlußzug anzubringen. Leider blieb es – zu Recht oder zu Unrecht – bei diesem Versuch. Fritz, Rybka und Co. werden hier wohl als Wahrheitsfinder herhalten müssen. Zwischenstand 3:4.

Dirk Thomzik oblag es am Ende, für uns die Kartoffeln aus dem Feuer zu holen. Ersatzmann, Fahrer und Retter der zweiten Mannschaft. Too much. Alle Versuche, Druck auf die gegnerische Königsstellung zu entwickeln, wurden prompt und nüchtern abgewehrt. Schnell war klar, dass selbst ein Remis – und damit der Verlust des Mannschaftskampfs – das äußerste Ende der nach oben offenen Fischbeker Wunschskala bilden würde. Letztlich erfüllte sich noch nicht einmal  dieser Wunsch. Endstand 3:5.